Sechs Jahre Kern: Ziel teilweise erreicht

Austrian railways corporation OeBB Chief Executive Kern addresses a news conference in Vienna
Austrian railways corporation OeBB Chief Executive Kern addresses a news conference in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Die Bahn schreibt den fünften Gewinn in Folge und den höchsten ihrer Geschichte. Nur bei den Kostensenkungen konnte Vorstandschef Christian Kern sein Vorhaben nicht ganz einlösen.

Wien. Christian Kern ist sichtlich zufrieden mit der jüngsten Bilanz. Trotzdem hütet sich der ÖBB-Chef, in Jubelgesänge auszubrechen – lieber gibt er sich bescheiden: Es sei ein „sehr ordentliches, sehr solides Ergebnis“ geworden. Aber es sei nur eine Etappe eines konsequenten Weges. „Wir können noch wesentlich mehr leisten“, so Kern.

Fast sechs Jahre ist es her, dass der Manager die Österreichischen Bundesbahnen übernommen hat. Kern trat mit dem Ziel an, aus der Bahn ein wirtschaftliches Unternehmen zu machen. Die Kosten sollten sinken, die Bilanz schwarz sollte statt rot sein. In Zahlen: 200 Millionen Euro Gewinn, bei 500 Millionen geringeren Kosten. Gelungen ist das, wie die am gestrigen Freitag präsentierte Bilanz zeigt, teilweise. Auf der Habenseite kann Kern den fünften Gewinn in Folge verbuchen: Im Vorjahr stieg er um zwölf Prozent auf 192,8 Mio. Euro. „Eine Reihe von Sondereffekten“ habe ein noch besseres Ergebnis verhindert, so Kern. Das System, in dem es „eine permanente Kapitalvernichtung“ gab, wie der Manager zum Amtsantritt 2010 sagte, hat er also erfolgreich beendet.

Nicht ganz einhalten konnte er die versprochenen Kostensenkungen. Die Aufwände, von denen die Personalkosten mit 2,34 Mrd. Euro der größte Brocken sind, summierten sich im Vorjahr auf 5,49 Mrd. Euro. Das waren zwar um 335 Mio. Euro weniger als 2010. Die anberaumten 500 Mio. Euro Kostensenkungen hat Kern damit aber nicht erreicht. Kern rechtfertigt das damit, dass es jedes Jahr automatische Kostensteigerungen von zwei Prozent gebe. „Ohne Einsparungen wären wir bei den Kosten schon bei sechs Milliarden“, so Kern.

Neues Problem: Überalterung

Dass der Sanierungskurs Früchte trägt, steht außer Frage. Genauso aber, dass die Bilanz ohne die Zuschüsse der Steuerzahler ganz anders aussehen würde. Die öffentliche Hand überwies im Vorjahr 2,75 Mrd. Euro an die ÖBB. Das sind 43 Prozent der gesamten Erträge der Bahn. Rund eine Milliarde bekommen die ÖBB für gemeinwirtschaftliche Leistungen, also in der Regel für unrentable Strecken und Fahrten, die von Bund, Ländern und Gemeinden „bestellt“ werden. Der Rest entfällt auf Finanzierung und Betrieb der Infrastruktur. Die 1,7 Mrd. Euro, die jährlich an ÖBB-Pensionisten fließen, scheinen in der Bilanz nirgends auf.

Auch die personelle Verschlankung der Staatsbahn hat sich Kern, dem regelmäßig Ambitionen auf das Amt des (SPÖ-)Bundeskanzlers nachgesagt werden, auf die Agenda geschrieben. 2015 hatte der Konzern 40.031 Mitarbeiter, rund 2400 weniger als 2010. Mittlerweile ist das Problem weniger der Personalstand als die Überalterung: Bis 2020 steigt das Durchschnittsalter der ÖBB-Bediensteten auf knapp 50 Jahre, der Anteil der über 55-Jährigen von zwölf auf 31 Prozent. Höhere Lohnkosten dank langer Betriebszugehörigkeit inklusive. Kern versucht diese Not zur Tugend umzuformulieren: Bei den ÖBB sehe man diese älteren Mitarbeiter als „strategische Kompetenz“: „Wir drängen sie nicht aus dem Unternehmen.“

15 Mio. Euro für Flüchtlinge

Kerns Mandat läuft bis 2019. Auch die kommenden Jahre hat der ehemalige SPÖ-Pressesprecher und Verbund-Manager unter das Motto eines „wirtschaftlich nachhaltigen Wachstums gestellt“. Die Ergebnisse sollen konstant steigen, 20 Mrd. Euro sollen bis 2021 investiert werden. „Wir sind heute besser vorbereitet auf das, was kommt“, sagte Kern. Das schwache wirtschaftliche Umfeld, die wachsende Konkurrenz im Güterverkehr („ein brutales Jahr“) und der niedrige Ölpreis, der die Straße im Vergleich zur Bahn wieder attraktiver macht, dürften herausfordernd bleiben.

Die Zahl der Fahrgäste stieg im Vorjahr auf den Rekordwert von 238 Millionen (Nah- und Fernverkehr). Befördert wurden auch 300.000 Flüchtlinge: 675 Sonderzüge und 1335 Busse stellten die ÖBB bereit, rund 70.000 Übernachtungen fanden in ÖBB-Gebäuden statt. Das habe die Bahn rund 15 Mio. Euro gekostet, so Kern. Fünf Mio. Euro hat er dem Bund in Rechnung gestellt. Geld sei bisher aber noch keines geflossen. (bin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2016)

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