Das Arbeitsmarktservice plant die größte Personalaufstockung seiner Geschichte. Im Finanzministerium ist man verärgert, weil die Mittel für die Flüchtlingshilfe gedacht seien.
Wien. AMS-Chef Johannes Kopf wünscht sich schon länger mehr Mitarbeiter. Bei den Beratungsleistungen des Arbeitsmarktservice sei es schon „sehr knapp“, sagte er Anfang des Monats. Sein Anliegen fand anscheinend Gehör. Das Sozialministerium stellt dem AMS ab 2017 zusätzlich 28 Mio. Euro im Jahr zur Verfügung. Damit soll die größte Personalaufstockung in der Geschichte des Arbeitsmarktservice finanziert werden. 400 zusätzliche Mitarbeiter sollen damit eingestellt werden.
Im Finanzministerium nimmt man die Aufstockung verärgert zur Kenntnis. Denn über zusätzliche Mittel für einen Ausbau der AMS-Mitarbeiter sei nie gesprochen worden, heißt es. Im Ressort vermutet man, dass das Geld aus jenen Mitteln kommt, die man dem Sozialministerium eigentlich für die Flüchtlingshilfe genehmigt hat.
Im Bundesfinanzrahmen sind für das Sozialressort unter dem Titel „Integration“ für 2016 und 2017 zusätzlich 207 Mio. Euro vorgesehen. Vereinbart sei, dass etwa 80 Prozent des Geldes für Integrationsmaßnahmen von Flüchtlingen am Arbeitsmarkt verwendet wird. Die restlichen 20 Prozent sollen laut Finanzrahmen für spezielle Arbeitsmarktmaßnahmen verwendet werden (etwa Langzeitarbeitslose).
Die Finanzierung für 400 zusätzliche Mitarbeiter sei auf Dauer nicht gesichert, erklärt man im Finanzressort. Der Ärger über den Schritt von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) geht jedenfalls weit: Man dränge darauf, die Arbeitsmarktmaßnahmen des AMS von einer internationalen Firma untersuchen zu lassen. Die Studie soll klären, ob die Gelder auch tatsächlich sinnvoll eingesetzt werden.
AMS über Aufstockung erfreut
Im Sozialministerium betont man, die Kosten für die neuen Mitarbeiter kämen aus dem Arbeitsmarktbudget, das für die nächsten Jahre zusätzlich 1,5 Milliarden Euro zum letzten Finanzrahmen ausmache. „Es wird dafür kein für Integration gewidmetes Budget verwendet“, so ein Sprecher.
Im AMS ist man über die in Aussicht gestellte Erhöhung der Mitarbeiter jedenfalls erfreut. „Wir brauchen die zusätzlichen Leute dringend“, heißt es in der Pressestelle. Seit 2008 sei die Zahl der Arbeitslosen um rund 50 Prozent angestiegen, die der Berater aber nur um 20 Prozent. Derzeit hat das AMS knapp 6000 Mitarbeiter.
Das schwache Wirtschaftswachstum hat die Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren in die Höhe getrieben. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Dazu kommt die Flüchtlingskrise.
Im April waren 23.482 Flüchtlinge arbeitslos. Das waren fast doppelt so viele wie im April 2015. Sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren ist schwierig. Der Großteil kann kaum eine Ausbildung vorweisen. Von 8880 arbeitslosen Syrern hatten 64 Prozent nur die Pflichtschule abgeschlossen.
Im April gab es inklusive Schulungsteilnehmern 424.697 Arbeitslose, um 1,1 Prozent mehr als im April 2015. Die Arbeitslosigkeit unter den Inländern sank um 0,7 Prozent auf 252.239. Dem standen 101.635 arbeitslose Ausländer gegenüber (inklusive Flüchtlinge). Das waren um 3,8 Prozent mehr als 2015. 70.823 Menschen besuchten eine Schulung.
AUF EINEN BLICK
Personal. Seit 2008 stieg die Zahl der Arbeitslosen um 50 Prozent, die der Berater aber nur um 20 Prozent, so das Arbeitsmarktservice. Man brauche daher dringend neue Mitarbeiter. Dafür stellt das Sozialministerium nun 28 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung. Der Schritt war mit Finanzministerium allem Anschein nach nicht akkordiert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2016)