AIT startet „Experiment mit Zukunft“

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AIT(c) AIT / Johannes Zinner (Johannes Zinner)
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Austrian Institute of Technology gründet von TU-Professor geleitete "Unit für komplexe dynamische Systeme"

„Wir sind zu arm, um uns mittelmäßige Leute leisten zu können. Daher beschäftigen wir nur exzellente“, sagte Hannes Androsch, der Aufsichtsratspräsident des Austrian Institute of Technology (AIT) am bei Dienstag bei einem Pressegespräch gleich zu Beginn. Dabei präsentierte er nicht nur den neuen Aufsichtsrat, der sich im Wesentlichen nicht verändert hat, sondern auch neue Wissenschafter. Sie sollen die Zukunft des AIT maßgeblich prägen. Denn das AIT und die Technische Universität (TU) Wien wollen künftig gemeinsam das "Valley of Death" im Innovationszyklus überwinden, sagt AIT-Geschäftsführer Wolfgang Knoll. Dafür hat es eine Einheit gegründet, die von dem TU-Professor Andreas Kugi geleitet und an der TU angesiedelt wird. Ein "Experiment mit enormen Potenzial" ist Knoll überzeugt.

Nachdem die 2008 eingeleitete Turn-around-Phase weitestgehend abgeschlossen sei, soll nun das AIT auf Expansionskurs gebracht werden. Dabei will der kaufmännische AIT-Geschäftsführer Anton Plimon nicht nur auf Quantität, sondern auch auf einen qualitativen Ausbau Wert legen: "Es geht um wissenschaftliche Arbeiten und Themen, die relevant für Industriepartner sind."

Brücken schlagen zwischen Lehre und Anwendung

Eines dieser Themen sieht das AIT in den "komplexen dynamischen Systemen". Geleitet wird diese neue "Unit" von Andreas Kugi, Vorstand des TU-Instituts für Automatisierungs- und Regelungstechnik. "Wir versuchen technische Systeme zu verstehen, in echtzeitfähigen mathematischen Modellen zu beschreiben und Schlüsse daraus für Systemoptimierungen zu ziehen", beschrieb er den Ansatz. Das Spektrum reiche dabei von der Halbleiterindustrie, wo automatisierte Entscheidungen im Mikrosekundenbereich getroffen werden müssen, bis zu Gezeitenkraftwerken mit 24-Stunden-Zyklen.

Als TU-Institut habe man eine hohe Drittmittelquote und mehr als 40 Industriepartner, sagte Kugi, der aber dennoch auf das "Valley of Death" im Innovationszyklus verwies, wo gute Ideen vor der Markteinführung zugrunde gehen.
Mit dieser Kooperation gebe es nun die Möglichkeite, "eine Brücke von der akademischen Lehre über die Grundlagenforschung bis hin zur Anwendung" zu schlagen. In den nächsten fünf Jahren soll ein Team von etwa 20 am AIT angestellten Personen aufgebaut werden.

"Wir wollen damit die Wertschöpfungskette in Richtung Anwendung erweitern", sagte TU-Wien-Rektorin Sabine Seidler. Für sie ist die neue Einheit ein "neuer Baustein in der vielfältigen Kooperation zwischen TU und AIT". Als Beispiel nannte sie eine gemeinsame Stiftungsprofessur für Energiesysteme oder das gemeinsame Engagement im "Complexity Science Hub Vienna", der am 23. Mai eröffnet wird.

Knoll bezeichnete den neuen Forschungsschwerpunkt als "Schulterschluss zwischen universitärer Forschung und Umsetzung in technische Lösungen". Bei positivem Ausgang des Experiments könnte diese Form der Zusammenarbeit "durchaus Modellcharakter haben".

Zwei Frauen sollen die AIT-Zukunft prägen

Die AIT-Chefs gaben zudem zwei neue Personalentscheidungen bekannt: Die seit 2012 am Institut beschäftigte Elektrochemikerin Atanaska Trifonova wurde zum "Principal Scientist" bestellt. Sie ist die erste Frau und derzeit der zweite Wissenschafter am AIT, der diese höchste Stufe im Karriereschema des Instituts erklommen hat. "Solche Principal Scientists, die Themen der übernächsten Zukunft angehen, können wir uns nur an wenigen Stellen leisten", sagte Knoll.

Trifonova beschäftigt sich mit zukünftigen Batteriesystemen, der Aufsichtsrat hat für sie auch ein neues, 1,7 Mio. Euro teures Labor genehmigt, das laut Knoll "eine substanzielle Erweiterung unserer Infrastruktur" ist. Trifonova kann dort von der Implementierung neuer Materialien über neue Zelldesigns bis hin zur Systementwicklung eine vollständige Produktionslinie für Prototypen von Lithium-Ionen-Batterien aufbauen. Für sie ist diese Batterie-Art die einzige Technologie, die die Anforderungen für Elektromobilität und stationäre Energiespeicher erfüllen könne.

Als Nachfolgerin der Leiterin des Health and Environment Department des AIT, Michaela Fritz, die als Vizerektorin für Forschung an die Medizinuni Wien wechselte, wurde Elke Guenther vorgestellt. Die aus Deutschland stammende Biologin war bisher Leiterin der Abteilung Elektrophysiologie am Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut der Universität Tübingen und der Sektion Pharmaservices der NMI TT GmbH, die Dienstleistungen für die Pharmaindustrie anbot. Ab Anfang Juni übernimmt sie die Leitung des AIT-Departments und wird sich dort etwa im neuen Geschäftsfeld "Molekulare Diagnostik" um die Entwicklung von Werkzeugen für Speicheldiagnostik kümmern.

(hec)

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