Wurde die AUA zu billig verkauft?

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Übernahme. Sieben Jahre nach dem Kauf muss die Lufthansa streitbaren AUA-Aktionären rund 15 Millionen Euro nachzahlen. Das wirft die Frage nach dem einst sehr niedrigen Kaufpreis auf.

Wien. 1,89 Euro – das war der historische Schlusskurs, mit dem sich die Aktie der AUA am 4. Februar 2010 von der Börse verabschiedete. Da war die damals schwer defizitäre rot-weiß-rote Airline längst im Besitz der Lufthansa. Die Übernahme galt als Rettung vor der Insolvenz und wurde der Lufthansa mit einem Schuldennachlass von einer halben Mrd. Euro schmackhaft gemacht.

Das letzte Kapitel in der bewegten Geschichte des Eigentümerwechsels wurde freilich erst jetzt geschrieben – und es birgt gleich in doppelter Hinsicht Brisanz. Sieben Jahre lang hatten streitbare Kleinaktionäre gegen die Lufthansa gekämpft, nämlich gegen den von der Lufthansa im Zuge des Gesellschafterausschlusses (Squeeze Out) angebotenen Abfindungspreis von 50 Cent je Aktie. Jetzt ist es zum Vergleich gekommen. Das der „Presse“ vorliegende Ergebnis, das noch vom Handelsgericht Wien formal bestätigt werden muss: Die Aktionäre erhalten zusätzlich zu den 50 Cent eine Nachzahlung von 3,30 Euro je Aktie. In Summe muss die Lufthansa inklusive Kostenersatz rund 15 Mio. Euro auf den Tisch legen.

Diese Nachzahlung ist nahezu dreimal so hoch wie der obere Wert der Bandbreite von 0,64 bis 1,21 Euro, der vom Gericht beauftragte Gutachter Walter Platzer (Grant Thornton Unitreu) ermittelt hatte. Womit sich die Frage aufdrängt, ob die AUA zum Zeitpunkt der Übernahme nicht doch mehr wert war. Oder, anders ausgedrückt: Hätte die Lufthansa nicht mehr zahlen müssen, obwohl sie weitere 600 Mio. Euro Schulden stemmte? Detail am Rande: Der damals zuständige Infrastrukturminister war ein gewisser Werner Faymann (SPÖ).

Ein Blick zurück: Nach der Einigung zwischen der Lufthansa und der Staatsholding ÖIAG Ende 2008 startete die Lufthansa am 2. März 2009 ihr Übernahmeangebot. Sie bot 4,49 Euro je Aktie, was einem deutlichen Aufschlag gegenüber dem damaligen durchschnittlichen Börsenpreis lag. Rund 95 Prozent der AUA-Aktionäre nahmen das Angebot an – 4,6 Prozent behielten ihre Aktien.

Im Dezember 2009 wurde in einer turbulenten Hauptversammlung das Abfindungsangebot von 50 Cent beschlossen. Eine „Kriegserklärung“, wie der streitbare Investor Rupert-Heinrich Staller erklärte.

Die Deutschen begründeten ihr niedriges Offert mit einer eigens in Auftrag gegebenen Bewertung der AUA durch Deloitte Audit Wirtschaftsprüfung. Demnach war die AUA 2009 weniger wert als nichts – genau genommen minus 2,43 Euro je Aktie. Dieser Wert ergab sich aus der Gegenüberstellung des Firmenwerts von 915,5 Mio. Euro mit Nettoverbindlichkeiten von 1,1226 Mrd. Euro. Die Lufthansa argumentierte zudem, dass die ÖIAG für ihre AUA-Papiere nur einen Cent je Aktie, in Summe 266.000 Euro, erhielt.

Sieg für Aktionärskultur

Während die Überlegungen zum Kaufpreis nach so langer Zeit Theorie bleiben werden, ist der Vergleich ein „großer Etappensieg für die Aktionärskultur“, sagt der Präsident des Interessenverbandes der Kleinanleger, Wilhelm Rasinger. Das Ergebnis sei „vernünftig und für alle akzeptabel“. Staller freut sich, dass „jetzt nach mehr als sechs Jahren das beinahe Siebenfache des ursprünglichen Squeeze-Out-Preises nachbezahlt wird.“ Die aktuell sehr gute Entwicklung der AUA zeige, dass die Luftlinie mittlerweile ein wertvoller Bestandteil des Lufthansa-Konzerns geworden sei. „Man muss heute sagen, es war ein geniales Schnäppchen für die Deutschen.“ Außerdem erhalten erstmals alle privaten Antragsteller im Rahmen des Vergleichs einen Kostenersatz.

Immerhin wurde auf beiden Seiten hart gekämpft, die Verhandlungen seien mehrfach an der Kippe gestanden, erzählt Staller. Eine der großen Herausforderungen: alle 46, inzwischen in alle Welt verstreuten Aktionärsgruppen, die von zwei Dutzend Anwaltskanzleien vertreten worden sind, unter einen Hut zu bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2016)

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