Schwarzarbeit: Wirtschaftskammer darf nicht mehr selbst jagen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Wirtschaftskammer will Pfuschern das Handwerk legen. Dabei schoss jedenfalls die WK-Tirol übers Ziel hinaus, befand die Datenschutzbehörde. Die WK nimmt den Rüffel ernst, will aber Schwarzarbeit weiterhin bekämpfen.

Wien. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) hat sich für den fairen Wettbewerb in der heimischen Wirtschaft einzusetzen. So sieht es das Wirtschaftskammergesetz vor. Wer ein Gewerbe unbefugt ausübt, also pfuscht, hält sich zweifellos nicht ans Gesetz und schadet seinen Konkurrenten. Deshalb waren die Wirtschaftskammern in den einzelnen Bundesländern schon bisher sehr bemüht, der Schwarzarbeit auf die Schliche zu kommen.

Teilweise zu ambitioniert, wie die Datenschutzbehörde jedenfalls für die WK-Tirol feststellte: Bekam sie Hinweise, dass auf Baustellen Pfuscher am Werk seien, schickte sie gleich ihre eigenen Mitarbeiter zum Tatort, damit sie dort Fotos anfertigen, Personalien der angetroffenen Arbeiter erheben und Fotos von Führerscheinen oder Sozialversicherungspapieren schießen. Auch andere Beweismittel waren willkommen. Und die WK-Bediensteten machten ihre Arbeit gründlich. Seit 2005 erhoben sie über 100.000 sensible Daten von vermeintlichen Pfuschern und speicherten sie.

Vorgehen ist gesetzeswidrig

Dieses Vorgehen entbehre jedoch jeder gesetzlichen Grundlage, stellte die Datenschutzbehörde nun fest. Sie forderte die WK-Tirol auf, ab sofort diese sensiblen Daten weder zu erheben noch zu speichern. Der Wirtschaftskammer fehle dazu die gesetzliche Ermächtigung. Weder hätten ihre Mitarbeiter das Recht, Ausweiskontrollen durchzuführen, noch fremde Grundstücke zu betreten. Dafür gebe es staatliche Behörden, die auch die entsprechenden Befugnisse hätten.

Die Mahnung der Datenschutzbehörde zeigte überregionale Wirkung. Nicht nur die Wirtschaftskammer Tirol, sondern auch alle anderen Länderkammern hätten in einem eilig einberufenen „Pfuschgipfel“ beschlossen, die Jagd auf die Schwarzarbeit bundesweit einzustellen, hieß es in einer Aussendung der APA von Dienstag.

So mancher Pfuscher mag sich daraufhin schon erleichtert die Hände gerieben haben. Doch zu früh gefreut. Der stellvertretende Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, Herwig Höllinger, fühlt sich nämlich missverstanden. „Die Wirtschaftskammer wird den Empfehlungen der Datenschutzbehörde zum Datenschutz Folge leisten. Das heißt aber nicht, dass unsere Organisation gänzliche Aktivitäten zur Bekämpfung illegaler Gewerbetätigkeit einstellt“, stellte er klar. Derzeit sei man damit beschäftigt zu überlegen, mit welchen Mitteln man dem gesetzlichen Auftrag gerecht werden könne.

Eines steht jedoch fest: Die Wirtschaftskammern werden künftig davon Abstand nehmen, in Verdachtsfällen Daten zu erheben. „Umso mehr sehen wir den Staat gefordert, denn wie sich gezeigt hat, werden die Behörden oftmals nur dann bei Pfuschverdacht aktiv, wenn sie mit konkreten Hinweisen konfrontiert wurden“, kritisiert Höllinger.

Privatdetektive sollen ermitteln

Auf die staatliche Eigeninitiative will sich der stellvertretende Generalsekretär der WKO jedoch lieber nicht verlassen. Schon bisher hätten einige Länderkammern immer wieder Privatdetektive beauftragt, um Schwarzarbeitern aufzuspüren. Diese Option bleibe weiter bestehen, betonte er.

Und worin liegt da der Unterschied? Schließlich darf ein Berufsdetektiv auch nicht Polizei spielen, möchte man meinen. Doch anders als ein Mitarbeiter der Wirtschaftskammer übt der Detektiv ein Gewerbe aus, und das berechtigt ihn zu bestimmten Untersuchungshandlungen. So darf er zum Zwecke eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens Beweismitteln beschaffen. Dazu sind freilich nicht alle Mitteln erlaubt. Weder darf er etwa unbefugt ein Grundstück betreten noch Personenkontrollen durchführen. Fazit: Auch beim Einsatz eines Detektivs wird ein Verfahren notwendig sein, um zu klären, ob ein solches Vorgehen datenschutzrechtlich in Ordnung ist, hieß es seitens der Datenschutzbehörde zur „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2016)

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