Wie die Umverteilung in Österreich funktioniert

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Eine Wifo-Studie zeigt, dass die verfügbaren Mittel im untersten Einkommensdrittel durch Umverteilung um rund 60 Prozent steigen. Der Arbeiterkammer ist das zu wenig.

Eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) bestätigt die Umverteilung durch Sozialleistungen. Die verfügbaren Mittel im untersten Einkommensdrittel steigen demnach durch Umverteilung um rund 60 Prozent, jene des obersten Einkommensdrittels sinken hingegen um rund 25 Prozent. Die Studie basiert auf Daten für das Jahr 2010. Das Fazit: "In Österreich ist das Umverteilungspotential des Staates ähnlich wie in den skandinavischen Ländern, in Belgien, Frankreich und Italien hoch." Dabei erfolge die Umverteilung vor allem " durch wohlfahrts- und sozialstaatlichen Leistungen der öffentlichen Hand", weniger durch das Abgabensystem.
Das obere Einkommensdrittel bezieht 60 Prozent der Primäreinkommen (Markteinkommen und Pensionen), an sie gehen aber nur 26 Prozent der sozial- und wohlfahrtsstaatlichen Leistungen. Hingegen hat das untere Einkommensdrittel zwar nur einen Anteil von zwölf Prozent an den Primäreinkommen, sie beziehen aber 42 Prozent der öffentlichen Geld- und Sachleistungen. Nach der Umverteilung haben die ärmeren Haushalte rund 20 Prozent (siehe Grafik).Das Wifo schreibt, dass mehr als 90 Prozent der sozialen Geld- und Sachleistungen allen Haushalten unabhängig von ihrem Einkommen gleichermaßen zugute kommen. Es geht dabei vor allem um die Bereiche Gesundheit, Bildung und Familie. Die relative Bedeutung sei für Haushalte mit niedrigen Einkommen freilich deutlich höher als für einkommensstärkere Haushalte.

"Für mittlere Einkommen ändert sich wenig"

"Für die mittleren Einkommen ändert sich aufgrund der Umverteilung durch die öffentlichen Haushalte nur relativ wenig, eine deutliche Umverteilung findet von den hohen zu den niedrigen Einkommen statt", fasst das Wifo zusammen.

Die Arbeitslosenleistungen, die Leistungen gegen soziale Ausgrenzung sowie die Subjektförderung im Bereich Wohnen gehen deutlich überproportional an niedrige Einkommen. Bei den zehn Prozent der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen, die auch von Arbeitslosigkeit betroffen sind, machen die Arbeitslosenleistungen über 90 Prozent des Gesamteinkommens aus; für jene, die Sozialhilfe beziehen, stellt dieses Einkommen fast die Hälfte des Gesamteinkommens dar. In Haushalten mit Kindern, die Familienleistungen beziehen, machen diese Leistungen im Durchschnitt etwa 13 Prozent des Gesamteinkommens aus, in der Gruppe der niedrigen Einkommen sogar fast ein Drittel.

Seit 2000 geht Schere auseinander

Festgestellt wird in der Studie auch, dass die Verteilung der Primäreinkommen insbesondere in der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre deutlich ungleicher wurde, vor allem weil sich die Markteinkommen der einkommensschwächsten Haushalte gegenüber 2005 stark verringerten, während jene der einkommensstärkeren kräftig stiegen. Zudem erhöhte sich der Anteil der Personen ohne Markt- oder Pensionseinkommen. Die Zunahme der Ungleichheit konnte durch die staatlichen Umverteilungsaktivitäten jedoch nicht gänzlich ausgeglichen werden. Das Transfersystem erreicht die Haushalte nicht mehr im gleichen Ausmaß wie Anfang der 2000er Jahre. Öffentliche Leistungen, "die speziell ärmeren Haushalten zugute kommen, gewinnen demnach an Bedeutung", stellt das Wifo fest.

Als Grund für die Zunahme der Ungleichheit in der Verteilung der verfügbaren Einkommen macht das Wifo in erster Linie die schwache Arbeitsmarktentwicklung, die teilweise geringen Entlohnung in den Bereichen mit steigenden Beschäftigungszahlen sowie das ungenügende Angebot an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen aus.

Arbeiterkammer: Vermögen stärker besteuern

Als Konsequenz aus der Umverteilungs-Studie schlägt Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske drei Maßnahmen vor. So forderte die AK neue Offensiven zur Schaffung von Jobs, gleichzeitig müsse aber auch die Qualität der Arbeitsplätze stimmen. Von Arbeit müsse man gut leben können. Die zweite Forderung betrifft den Ausbau von sozialen Dienstleistungen wie etwa Pflege, Ganztagsschulen oder Kinderbetreuung. Diese wirken für Menschen im niedrigen Einkommensdrittel besonders günstig, da diese viele Leistungen privat nicht finanzieren könnten.

Drittens verlangt Kaske eine stärkere Besteuerung von Vermögen und eine Entlastung von Arbeit. Höhere Steuern auf Vermögen und Vermögenseinkommen, vor allem auch auf hohe Erbschaften, würden die Finanzierungsgrundlagen des Sozialstaates verbessern, die Arbeitseinkommen entlasten und für mehr Leistungsgerechtigkeit sorgen, meint Kaske in einer Aussendung.

(APA/sk)

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