Steuern: „Schuften“ für den starken Staat

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Ab Mitte Juni arbeiten viele Österreicher laut Statistik in die eigene Tasche. Freilich längst nicht alle. Laut einer aktuellen Studie arbeitet jemand, der 4000 Euro brutto im Monat verdient, noch bis Mitte August für den Staat.

Wien. Als Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) im März dieses Jahres „die größte Entlastung in der Geschichte der Zweiten Republik“ verkündete, war die Erleichterung in den Reihen der Regierung geradezu spürbar: Gerade jetzt, in der Stunde der anlaufenden Wirtschaftskrise, demonstriere die Staatsführung Handlungsfähigkeit, indem sie den Bürgern mehr von ihrem erarbeiteten Geld zur freien Verfügung überlasse, wie Vertreter der Koalitionsparteien ausdauernd betonten.

Mit der letzten Entlastung werden die Steuerzahler heuer auch tatsächlich ein paar Tage weniger für „Vater Staat“ arbeiten müssen als gewohnt. Rein statistisch gesehen sind die Österreicher bereits seit ein paar Wochen „steuerfrei“. Allerdings gilt das längst nicht für alle Bürger. Innerhalb der Einkommensgruppen gibt es nämlich gravierende Unterschiede. Das jedenfalls belegt eine soeben fertiggestellte Studie des Internationalen Central Europa Instituts (ICEI), die vom „Management Club“ in Auftrag gegeben wurde:

Wer 4000 Euro brutto im Monat (14-mal im Jahr) verdient, arbeitet heuer zwar um fünf Tage weniger für den Staat als im vergangenen Jahr, hat aber immer noch zwei harte Wochen vor sich: Erst ab 14. August geht das Geld in die eigene Tasche. Das bedeutet, dass diese Einkommensgruppe 155 Werktage lang arbeitet, um alle Steuern und Sozialabgaben an den Staat bezahlen zu können. Nur an 96 Tagen steht das erzielte Einkommen zur freien Verfügung.

„Der Staat hat leichtes Spiel“

In dieser Einkommensgruppe ist die Steuerbelastung auch am höchsten. Denn ab einem monatlichen Bruttoeinkommen von 4020 Euro fallen zwar noch Steuern, aber keine weiteren Sozialversicherungsbeiträge mehr an („Höchstbeitragsgrundlage“). Was wiederum dazu führt, dass Bezieher von 5000 Euro brutto „schon“ ab dem 11. August für sich arbeiten. Sie gehen an 152 Tagen für den Staat zur Arbeit, um zwei Tage weniger als im Vorjahr. Bei Einkommen in der Gegend von 2500 Euro brutto ist das Verhältnis Staat zu privat mit 126 zu 125 Tagen nahezu ausgeglichen (siehe Grafik).

Laut Studienautor Florian Schwillinsky ist vielen Bürgern überhaupt nicht klar, wie viel Steuern und Abgaben sie tatsächlich abführen. Das wiederum liege vor allem daran, dass die meisten Arbeitnehmer ausschließlich daran interessiert seien, wie viel Geld der Arbeitgeber monatlich überweist. Das gebe dem Staat jede Menge Spielraum, die Lohnnebenkosten zu erhöhen, so Schwillinsky. Um die wahre Belastung deutlich zu machen, hat Schwillinsky deshalb auch die von den Arbeitgebern abgeführten Lohnnebenkosten berücksichtigt. Diese Abgaben müssten schließlich auch von den Arbeitnehmern erwirtschaftet werden. Hinzu kämen klassische Steuern – wie Lohn-, Mehrwert- und Gütersteuer.

„Die Kuh ist ausgemolken“

Herbert Paierl, Präsident des Management Clubs, verweist darauf, dass die hohe Belastung den Bürgern jede Möglichkeit nehme, sich durch ihre Arbeit Vermögen aufzubauen. „Die Österreicher können mit dem Geld, das ihnen der Staat übrig lässt, gerade einmal ihr Leben bestreiten“, so der Magna-Manager und langjährige Landesrat der Steiermark.

Das auch deshalb, weil der Staat seine steigenden Ausgaben in den vergangenen Jahrzehnten ausschließlich über „Sparpakete bei den Einzahlern“ finanziert hätte. Um einen finanziellen Kollaps zu vermeiden, sei es höchst an der Zeit, die Ausgaben zurückzunehmen. Bei den Steuerzahlern sei nichts mehr zu holen. „Diese Kuh ist ausgemolken“, so Paierl.

In Summe werden die Österreicher heuer rund 110 Mrd. Euro an den Staat abzuführen haben. Knapp zwei Drittel davon werden für den Bereich „Soziales“ ausgegeben, den Rest teilen sich Bund, Länder und Gemeinden zur Bestreitung ihrer Ausgaben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2009)

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