Die Angst der Reichen vor der Politik

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Symbolbild.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Bestimmte Institutionen und die Verwendung von Steuermitteln sind den österreichischen Wohlhabenden nicht ganz geheuer. Bargeld mögen sie am liebsten, wie eine Studie zeigt.

„Wir haben Kunden, die zu uns kommen und fragen, wie sie ihr Vermögen vor der Willkür des Staates schützen können“, sagt Dietmar Baumgartner, Ko-Vorstand der Privatbank LGT Österreich. Nachsatz: So etwas habe er in seiner Karriere noch nicht erlebt. Die Bank betreut wohlhabende Kunden.

Baumgartner sagt: Den Vermögenden gehe es in erster Linie um die Frage, wie sie ihr Kapital sicher ins Ausland schaffen könnten. So ein Verhalten würde dem Standort aber schaden, meint er.

Die Angst der Kunden lasse sich zwar nicht an einer konkreten Sorge festmachen, latent seien die Befürchtungen dennoch. Immerhin wisse „man nicht, was der Politik noch einfällt“, laute eine der Argumentationen. Die diffuse Furcht der Wohlhabenden ist wohl auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Etwa die Erhöhung der Wertpapier-Steuer von 25 auf 27,5 Prozent zu Jahresbeginn oder die unzähligen Änderungen des Privatstiftungsgesetzes seit dessen Inkrafttreten Anfang der Neunzigerjahre.

Das Stimmungsbild der wohlhabenden Österreicher ist aber nicht erst seit Kurzem so negativ. Schon bei der vorangegangenen Studie im Jahr 2014 zeigten sich die Befragten deutlich skeptischer als die Bürger der Nachbarstaaten, so Teodoro D. Cocca von der Johannes-Kepler-Universität in Linz.

So sind österreichische Vermögende gegenüber der heimischen Steuerpolitik und auch Institutionen wesentlich kritischer eingestellt als Reiche aus Deutschland oder der Schweiz. Cocca hat im Auftrag der LGT 369 wohlhabende Personen befragt, die ein frei verfügbares Anlagevermögen über 500.000 Euro besitzen. In der Schweiz betrug die Untergrenze für die Befragung 900.000 Franken (rund 814.000 Euro).

Nur ein Drittel der österreichischen Reichen ist beispielsweise damit einverstanden, Steuern zu zahlen. In der Schweiz hingegen meint jeder Zweite, dass Abgaben zum Reichsein dazugehört. In Deutschland lag der Wert etwas über dem Österreichs. Die Verwendung der steuerlichen Mittel ist den befragten Österreichern ebenfalls ein Dorn im Auge. Nur sieben Prozent zeigten sich zufrieden damit. In der Schweiz waren es jedoch 38 Prozent.

Cash statt Aktien

Ins Bild passt wohl, dass das Vertrauen in die Politik, die heimische Bankenaufsicht und das globale Finanzsystem ebenfalls bescheiden ist. In den Nachbarländern wurden unter den Wohlhabenden deutlich höhere Werte erzielt. Schon etwas besser sieht es bei Österreichs Wirtschaft und der Europäischen Zentralbank aus. Das Vertrauen ist hier etwas höher.

Unterschiede gibt es aber nicht nur bei der Kritik an Institutionen. In Sachen Geldanlage sind die Österreicher ebenfalls anders. Heimische Reiche horteten zuletzt deutlich mehr Bargeld als Wohlhabende aus den anderen beiden Staaten. Der Cash-Anteil lag hierzulande zuletzt bei 42 Prozent. Damit hat er wieder das Niveau von 2012 erreicht. In Deutschland und der Schweiz spielt Bargeld eine geringere Rolle. Dort macht es nur rund ein Drittel der Vermögensveranlagung aus. Die Österreicher hätten den Mut verloren, meint Teodoro D. Cocca.

Die Umschichtung des Kapitals zugunsten höherer Geldbestände ging hierzulande zulasten von Anleihen und Aktien. Letztere haben traditionell keinen hohen Stellenwert. Nicht einmal ein Drittel des Kapitals steckt in dieser Anlageklasse, in den Nachbarstaaten ist die Affinität größer. Dort macht sie 40 Prozent und mehr aus.

Der LGT zufolge haben die Vermögenden in Österreich 2015 eine mittlere Rendite von 3,1 Prozent erzielt. Das ist mehr als in der Schweiz (2,1 Prozent), aber weniger als in Deutschland (5,2 Prozent). Dennoch waren nur ein Viertel der Österreicher mit diesem Ergebnis zufrieden. Unter den befragten Deutschen waren es zwei Drittel. Das dürfte auch mit dem Anlageverhalten zusammenhängen. Zwar konnten auch die Schweizer ihr Vermögen nicht so stark vermehren. Doch sie waren zufriedener. Dies hat jedoch auch mit den Marktzinsen in einem Land zu tun. Das Niveau in der Schweiz liegt unter jenem der Eurozone. Die Freude über Renditen wiegt daher stärker, wenngleich sie mager sind. (nst)

Auf einen Blick

Umfrage. Sie zahlen nicht gern Steuern, und mit der Verwendung der Einnahmen sind sie ebenfalls unzufrieden. Österreichs Wohlhabende sind deutlich skeptischer als jene in der Schweiz und Deutschland, wie aus einer Studie der Privatbank LGT unter Vermögenden hervorgeht. Auch das Anlageverhalten heimischer Reicher unterscheidet sich deutlich von jenem in den beiden anderen Staaten. So halten die Österreicher mehr Bargeldbestände, von Aktien lassen sie auch eher die Finger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2016)

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