Voest plant Großinvestition in Kapfenberg, sofern Bedingungen passen

Voestalpine-Chef Wolfgang Eder hält die Märkte außerhalb der EU für den weltweit tätigen Konzern für besonders wichtig.
Voestalpine-Chef Wolfgang Eder hält die Märkte außerhalb der EU für den weltweit tätigen Konzern für besonders wichtig. Reuters
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Das börsenotierte Unternehmen will in Kapfenberg ein neues Edelstahlwerk bauen.Die endgültige Entscheidung wird 2017 fallen.

Wien. Der Voestalpine-Konzern denkt „sehr ernsthaft darüber nach, ein komplett neues Edelstahlwerk in Kapfenberg zu bauen“. Das sei der Überraschungsmoment des Tages, verlautete Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender des börsenotierten Konzerns bei der gestrigen Bilanzpressekonferenz. Zwischen 250 und 300 Mio. Euro soll dieses Investment ausmachen, das für die Steiermark und deren Menschen gut und wichtig wäre, so Eder. Realisiert die Voestalpine ihr Vorhaben, wäre der Bau des Edelstahlwerks der erste seit vielen Jahrzehnten in Europa.

Doch fix ist noch nichts. Die Entscheidung, ob die Voest das Großprojekt tatsächlich realisieren wird, soll erst im Laufe des Jahres 2017 nach „einer eingehenden Prüfung der zu erwartenden langfristigen Rahmenbedingungen“ fallen. Warum erst dann? „Sie kennen die Diskussionen über die Kostenstrukturen in Österreich und Europa, über die Belastungen der Klima-, Energie- und Steuerpolitik. Wir wollen uns vergewissern, dass so eine Investition nicht daran scheitert, dass wir aus Österreich und Europa heraus dann langfristig nicht konkurrenzfähig sind“, betont der Voestalpine-Chef. Die veränderte Regierungskonstellation ließe ihn aber hoffen. Dass er die Performance der Faymann-Regierung als katastrophal beurteilt, daran lässt er keinen Zweifel.

Auf die Frage, was für den Neubau des Edelstahlwerks in Kapfenberg Voraussetzung und was ein No-go wäre, sagte er: „Ein No-go wäre, in den nächsten Jahren so weiterzutun, wie wir das in den vergangenen Jahren erlebt haben. [. . .] Wir brauchen eine Politik, die wieder initiativ wird, der bewusst wird, wie wichtig eine ordentliche Entwicklung des Standortes für dieses Land ist. [. . .] Wir können uns nicht damit begnügen, den Stillstand zu verwalten.“ Vor allem eines fordert Eder ein: „Wir brauchen ein neues, offenes, transparentes Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik.“

Gesucht: Industrieaffine Politik

Sich gegen den Standort Kapfenberg, „das technologische Herzstück der Produkt- und Verfahrenstechnologie“, zu entscheiden, würde die Voestalpine im Kern treffen, betonte Vorstand Markus Rotter. Er ist für die Strategie und Unternehmensentwicklung verantwortlich. Doch letztlich käme es auf die Nachhaltigkeit des Projekts an, darum sei ein Ja zum neuen Edelstahlwerk weder „gottgegeben noch gegessen“. Eine Alternative zu Kapfenberg seien alle jene Märkte, die vor allem von der Industrieaffinität der Politik an den Standorten eine positive Entwicklung zuließen. Die USA sei nur eine von mehreren Alternativoptionen für den Konzern.

Nicht nur in Zukunft plant die Voestalpine, viel Kapital für neue Projekte lockerzumachen. Über 1,3 Milliarden Euro hat der börsenotierte Konzern bereits im Geschäftsjahr 2015/16 investiert, so viel wie noch nie zuvor in der Unternehmensgeschichte. „Trotzdem haben wir keine Probleme gehabt, diese riesige Summe zu finanzieren“, sagte Eder. „Das sieht man an der Gearing Ratio – der Relation zwischen Eigenmitteln und Nettofinanzverschuldung. Wir konnten sie von 58,2 auf 54,5 Prozent verbessern.“

Dabei sei das wirtschaftliche Umfeld im vergangenen Geschäftsjahr auch für die Voestalpine „äußerst herausfordernd“ gewesen. Der Aufwärtstrend in Europa sei bescheiden, in Nordamerika habe die Wirtschaftsdynamik nachgelassen, und in China sei die Konjunktur abgekühlt. Ganz zu schweigen von den derzeitigen Stahl-Spotpreisen. Sie hätten aufgrund der globalen Überkapazitäten einen Tiefstand erreicht, resümiert Eder: Doch die Voestalpine stehe für Stabilität und Kontinuität: „Wir haben uns in allen Ergebniskategorien verbessert, zum Teil auch durch Einmaleffekte. Man sollte nicht so tun, als zählten die nichts. Manche Unternehmen leben permanent von Einmaleffekten.“ Der Umsatz ist von 11,2 Mrd. im Vorjahr auf 11,1 Mrd. Euro leicht gesunken, das operative Ergebnis um 3,5 Prozent auf 1,6 Mrd. Euro gestiegen. Darum erhalten die Aktionäre auch dieses Jahr wieder eine Dividende, und zwar 1,05 Euro pro Aktie.

Keine Euphorie

Und was erwartet sich Eder vom laufenden Geschäftsjahr? Das operative Ergebnis werde nach derzeitigen Prognosen annähernd die Höhe des Vorjahres erreichen. Eines habe er in den vielen Jahren seiner Arbeit gelernt: „Prognosen kann man gelassen nehmen, je besser man aufgestellt ist. No na. Doch die Gefahr, dass wir überheblich werden oder etwas zu leicht nehmen, die besteht nicht. Dafür haben wir in den vergangenen Jahren zu viel Dinge erlebt, die wir nicht wieder erleben wollen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2016)

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