Novomatic: Ein Formfehler mit schwerwiegenden Folgen

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Ein Spieler klagt die Novomatic, weil sie in Niederösterreich ihre 1339 Automaten illegal betrieben habe - die Bewilligung lag nie vor.

Wien. Ein kleines Missgeschick der Behörde, konkret ein Formfehler – und schon gibt es schwerwiegende Folgen. Diese Erfahrung macht gerade die Novomatic. Nachdem der niederösterreichische Glücksspielkonzern jüngst in zwei Verfahren – noch nicht rechtskräftig – verdonnert worden ist, Spielern 105.000 bzw. 107.000 Euro an verzocktem Geld zurückzuzahlen, droht ihm nun neues Ungemach. Und zwar klagt ein Spieler die Novomatic wegen illegalen Betreibens ihrer 1339 Automaten in Niederösterreich.

Der Ausgangspunkt: Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) kippte vor Kurzem die Automatenlizenz für die Novomatic in deren Heimatbundesland. Und zwar aus formalen Gründen, weil die Konkurrenten keine Akteneinsicht erhielten. Niederösterreich hatte der Novomatic-Tochter Admiral 2012 die einzige Lizenz für das kleine Glücksspiel erteilt, obwohl laut Gesetz bis zu drei Konzessionen möglich gewesen wären. Es gab vier andere Bewerber. Die deutsche Gauselmann-Gruppe legte Beschwerde ein und war nun erfolgreich.

Dem klagenden Spieler, der von Rechtsanwalt Patrick Ruth vertreten wird, geht es aber um mehr: Er argumentiert, dass der Bewilligungsbescheid nie vorgelegen sei – ex tunc aufgehoben worden sei, wie es im Fachjargon heißt. Die Novomatic betreibe daher ihre Automatensalons illegal und müsse verspieltes Geld zurückzahlen. Vorerst geht es nur um 220 Euro, der Kläger behält sich aber eine Klagsausdehnung vor.

Pikanterie der Geschichte: Der ebenfalls aus Niederösterreich stammende, dem Zocken nicht abgeneigte Kläger (Name der Redaktion bekannt) ist rechtskräftig just wegen des illegalen Betreibens von Automaten verurteilt. Geklagt hat ihn ein Verein, der sich der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Automatenspiel verschrieben hat.

Die Novomatic will ihre Automaten dennoch weiterbetreiben und beruft sich auf eine Passage im niederösterreichischen Landesgesetz: Demnach dürfen auch bei nachträglichem Wegfall des Konzessionsbescheids bis zu 18 Monate lang Glücksspiele angeboten werden.

Zurück an den Start?

Anders sieht das Spieleranwalt Ruth und Anwältin Julia Eckhart, die den Schutzverband gegen unlauteres Glücksspiel vertritt. „Die 18 Monate stehen zwar im niederösterreichischen Gesetz, gelten aber nicht, weil der Bescheid aufgehoben wurde. Es hat nie einen Bewilligungsbescheid gegeben, er kann daher nicht weiterwirken“, sagt Ruth. Eckhart wiederum betont: „Die Aufhebung eines Bescheides durch den VwGH versetzt die Rechtssache in jene Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hat. Diese Ex-tunc-Wirkung von aufhebenden Erkenntnissen des VwGH hat zur Folge, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als wäre der aufgehobene Bescheid nie erlassen worden.“ Die Causa stelle sich daher jetzt so dar, als ob die Bewilligung an Novomatic nie erteilt worden wäre. „Es gibt daher keinen Bewilligungsinhaber, sondern nur Bewilligungswerber.“ Daher könne auch der Passus, wonach der Bewilligungsinhaber zum Weiterbetrieb für 18 Monate verpflichtet ist, nicht gelten.

Die Novomatic sieht das naturgemäß anders. „Wir müssen unsere Automaten weiter betreiben“, beruft sich Konzernsprecher Hannes Reichmann auf „Presse“-Anfrage auf die Gesetzesstelle. Man gehe davon aus, dass die Behörde den Formfehler rasch beheben und einen für die Novomatic positiven Bescheid erlassen werde. Der zuständige Landesrat Karl Wilfing (ÖVP) bestätigt die Novomatic und lässt durchblicken, dass es einen neuen Bescheid geben wird. Noch prüfen aber die Landesjuristen, denn „ein so komplexes juristisches Verfahren gab es bislang in Österreich nicht“. (eid/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2016)

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