Novomatic wird Mobilfunker

Novomatic wird Mobilfunker
Novomatic wird MobilfunkerAPA/HELMUT FOHRINGER
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Der Glücksspiel-Konzern startet in Kürze mit Vertriebspartner Media Markt und über das Netz von „3“ ein eigenes Handyangebot. Das Smartphone wird zum Spielcasino.

Als die Novomatic vor drei Jahren die kleine, aber feine heimische Hightech-Firma I-New mit Sitz in Mattersburg gekauft hat, war in der Branche klar, wohin die Reise geht: Der Glücksspielkonzern will massiv in das boomende Geschäft mit Online-Gaming einsteigen. Weil hierzulande aber nur die Casinos-Austria-Tochter Lotterien die einzige Online-Lizenz hat, war von Gesprächen mit allen drei Mobilfunkern die Rede – um lizensierte Spiele über Partner an den Kunden zu bringen.

Jetzt, drei Jahre später, hat sich die heimische Glücksspielszene komplett gedreht – und die Novomatic setzt zum Doppelschlag an: Sie steigt nun in das Handygeschäft ein. Und mit dem – kartellrechtlich noch nicht genehmigten – Einstieg bei den Casinos Austria (41 Prozent) und den Lotterien (24 Prozent) hat die Novomatic auch die Hand auf der Online-Lizenz. Sie kann sich, vorausgesetzt der Deal klappt, dann quasi selbst mit Spiel-Applikationen beliefern.

Als Vertriebspartner hat sich die Novomatic den Media Markt geangelt, wie „Die Presse“ aus Branchenkreisen erfahren hat. Die Infrastruktur, also das Netz, stellt „3“ zur Verfügung.

Die neuen Partner folgen damit einer Reihe anderer Firmen, die sich als sogenannte virtuelle Mobilfunker (MVNO) ohne eigenes Netz bei anderen Betreibern eingemietet haben. Möglich wurde das, weil die EU nach der Fusion von Orange und „3“ (Hutchison) die bestehenden Netzbetreiber verpflichtet hat, ihre Netze zu öffnen. So wird die zur Telekom gehörende Marke Yesss über die Rewe-Gruppe angeboten, die Ventocom hat sich für ihre Marke Hot mit dem Handelsdiskonter Hofer zusammengeschlossen und nützt das Netz von T-Mobile. Bei „3“ sind auch die UPC und die Mass Response (Spusu) eingemietet.

Die Sache ist heiß, der Start soll in den nächsten Tagen erfolgen. Wie heiß, zeigt die Reaktion der Spieler: Die Sprecherin der zur Media-Saturn-Gruppe gehörenden Elektrokette Media Markt, Sigrid Anna Kuhn, hat sich auf „Presse“-Anfrage nur ein knappes „Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich das gar nicht kommentieren“ entlocken lassen. Bei der Novomatic hielt man sich überhaupt ganz bedeckt.

Die Novomatic hat sich mit dem Einstieg bei I-New Unified Mobile Solutions, an der sie 76,82 Prozent hält, beste Voraussetzungen geschaffen. Denn die I-New ist einer der weltweit führenden Anbieter virtueller Mobilfunksysteme und heimst alljährlich Preise (MVNO Industry Award) ein. Die Firma stellt die Infrastruktur zur Erfassung von Kundendaten, zur Verwaltung von Gesprächs- und/oder Datenguthaben bei Prepaid-Modellen, zur Erstellung von Rechnungen, zur Inkassodurchführung und letztlich für Marketing- und Vertriebsaktivitäten zur Verfügung.

Telekom-Expertise von Nemsic

Seit 2014 hat die I-New überdies eine Mehrheitsbeteiligung an der Firma Smartspace, die ebenfalls in diesem Geschäft tätig ist. Die in Traiskirchen beheimatete Smartspace dürfte Insidern zufolge auch als Plattform dienen, über die das Handygeschäft laufen wird.

Und nicht zuletzt ist niemand geringerer als der ehemalige Boss der Telekom Austria, Boris Nemsic, an I-New mit 9,16 Prozent beteiligt. Nemsic ist zudem auch deren Aufsichtsratspräsident. Für die Telekom-Expertise ist also ebenso gesorgt wie für das Vertriebs-Know-how, das Media Markt beisteuert.

Und vom Glücksspiel versteht die Novomatic zweifelsohne etwas. Der Gumpoldskirchner Konzern beschäftigt allein in Forschung und Entwicklung 2000 Mitarbeiter, der Großteil von ihnen sind Software-Spezialisten, die an Lösungen für unterschiedliche Mobilgeräte tüfteln. Schon jetzt verdient die Novomatic mit Spiele-Apps, die lizensiert werden, sehr gutes Geld.

Online-Spiele sind weltweit der Renner, der große Treiber ist das Smartphone. Aber auch auf Tablets wird gezockt. Dabei geht es nicht nur um Glücksspiele, sondern auch um sogenanntes Social Gaming, wo ohne „echtes“ Geld gespielt wird. Allein in Österreich haben die Brutto-Spielerträge im Online-Gaming im Vorjahr um 15 Prozent auf 152 Mio. Euro zugelegt.

(Print-Ausgabe, 18.06.2016)

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