Konkurrenzkampf: Den Airlines geht das Geld aus

(c) BilderBox (Erwin Wodicka)
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Die Krise ändert das Reiseverhalten nachhaltig, der Wettbewerb wird schärfer. Viele mittelgroße Fluglinien werden auf der Strecke bleiben, die AUA hat noch einmal Glück gehabt.

Giovanni Bisignani, der Präsident des Weltluftfahrtverbandes IATA, nennt sie „apokalyptische Reiter“: Terror, Krieg, Seuchen und der Ölpreis – das sind jene Zerstörungskräfte, die Fluglinien in den vergangenen Jahren regelmäßig tief in die Verlustzone befördert haben. Als Bisignani diesen Vergleich zog – es war genau vor einem Jahr, als der Ölpreis den historischen Höchststand von 150 Dollar je Fass erreichte –, wusste er noch nichts von dem fünften Reiter: der Finanzkrise und der von ihr ausgelösten Rezession.

Der Niedergang der Weltwirtschaft hat die Luftfahrt wie kaum eine andere Branche getroffen. Die IATA rechnet heuer mit einem Einnahmenrückgang von 15Prozent auf 448 Milliarden Dollar und Verlusten von neun Milliarden Dollar (6,35 Milliarden Euro) – die Prognose stammt allerdings aus dem Juni. Es wäre keine Überraschung, wenn der Verband im Herbst die Zahlen noch einmal nach unten revidieren müsste.

Leere Businessclass

Auch wenn die Luftfahrt als eine der wenigen wirklich globalisierten Wirtschaftszweige bisher nach jeder Krise wieder auf einen Wachstumskurs zurückkehrte, dürfte die Erholung dieses Mal deutlich länger dauern. „Nach 9/11 haben wir drei Jahre gebraucht, um uns von einem Umsatzausfall in der Höhe von sieben Prozent zu erholen“, sagt Bisignani. „Nun stehen wir vor einem Rückgang von 15Prozent.“ Dieses Mal ist es nicht ein singuläres Ereignis, das den Menschen vorübergehend die Lust am Fliegen nimmt. Vielmehr verändert die Krise die Reisegewohnheiten offenbar nachhaltig. Und das treffe die „klassischen“ Fluglinien genauso wie die Billigairlines.

Zum einen lassen die lukrativen Businessclass-Reisenden aus – ihr Anteil sinkt zweistellig. Unternehmen müssen sparen, da werden Mitarbeiter, falls überhaupt, in die „Holzklasse“ gebucht (siehe nebenstehenden Bericht). Oft werden Geschäftsreisen überhaupt gestrichen, Internetkonferenzen machen's möglich. Diese Klientel dürfte zumindest im einstigen Ausmaß nicht mehr zurückkehren, weshalb etwa die Lufthansa überlegt, innerhalb Europas die Businessclass weitgehend zu streichen. Zum anderen verleiden der (drohende) Arbeitsplatzverlust und Gehaltseinbußen die Lust auf mehrere Urlaubsreisen pro Jahr.

Da sich jetzt schon abzeichnet, dass nicht einmal die in der Luftfahrt traditionell starke Sommersaison die Kassen klingeln lässt (im Juni sanken die Umsätze um bis zu 30 Prozent) und eine Stabilisierung der Nachfrage selbst auf niedrigem Niveau nicht in Sicht ist, werden im Winter viele Airlines endgültig die Turbinen abstellen müssen. Eine Pleitewelle rollt auf die Luftfahrt zu.

Seit Anfang 2008 sind rund um den Globus rund 50 Airlines vom Markt verschwunden. War es Anfang des Vorjahres vor allem der hohe Kerosinpreis, der viele Gesellschaften wie eine Keule traf, so ist es jetzt die extrem sinkende Nachfrage, die Umsätze und Gewinne schneller wegbrechen lässt, als die Gesellschaften mit Sparpaketen, Jobabbau und Kapazitätsreduktionen gegensteuern können. Und der Ölpreis steigt wieder.

Leigh Bailey und Andreas Kindahl von Standard & Poor's rechnen mit einer großen „Konsolidierungswelle“ in den kommenden Monaten, die allerdings auch einen positiven Effekt habe: Die enormen Überkapazitäten in Europas Luftfahrt werden reduziert. Schwierigkeiten haben vor allem jene mittelgroßen nationalen Anbieter, die zu groß für ihren Heimmarkt und zu klein zum Überleben sind. Die AUA ist nur ein Beispiel – Alitalia, Olympic, SAS, Iberia und Finnair gehören ebenfalls in diese Kategorie.

AUA: Rettung in letzter Sekunde

Die AUA hat also noch Glück gehabt, sie wurde in letzter Minute von der Lufthansa übernommen. Auch andere Airlines suchen ihr Heil in einer Übernahme oder Allianz, ob das allerdings noch gelingt, ist fraglich. Denn auch die „Großen drei“ (Lufthansa, Air France/KLM und British Airways) kämpfen gegen tiefrote Zahlen und haben kein Geld mehr für teure Rettungsaktionen. Möglicherweise müssen Fachleute ihre Prognose, dass nur diese drei Fluglinien in Europa selbstständig überleben werden, revidieren. In Finanzkreisen wird vor allem British Airways als Übernahmekandidat gehandelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2009)

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