Post testet Kofferraumzustellung

ARCHIVBILD/THEMENBILD: �STERREICHISCHE POST AG ´ABHOLBEREIT IM KOFFERRAUM - PILOTPROJEKT ZUR KOFFERRAUMZUSTELLUNG´
ARCHIVBILD/THEMENBILD: �STERREICHISCHE POST AG ´ABHOLBEREIT IM KOFFERRAUM - PILOTPROJEKT ZUR KOFFERRAUMZUSTELLUNG´(c) APA/CHRISTIAN HOUDEK
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Post-Vorstand Umundum kann sich vorstellen, das neue System ab 2017 kommerziell anzubieten.

Wien. Das Geschäft mit Paketen boomt. Denn immer mehr Menschen kaufen im Internet ein. In Deutschland erwartet der Verband Paket und Expresslogistik bis 2020 jährliche Wachstumsraten von fünf Prozent. Allein bei der Deutschen Post sollen bis 2020 im Paketbereich 10.000 neue Jobs entstehen. Sowohl die Konsumenten als auch die Onlineshops verlangen eine immer schnellere und bessere Zustellung. Bei der Österreichischen Post kommen 90 Prozent der Pakete beim ersten Zustellversuch an - entweder weil die Kunden direkt erreichbar sind oder weil das Paket über eine sogenannte Abstellgenehmigung an einem bestimmten Ort hinterlassen werden kann.

Trotzdem will die Post das Service weiter verbessern. Sie stellte dazu am Montag die Kofferraumzustellung vor. Das Ganze funktioniert nach folgendem Prinzip: Der Kunde gibt ein bestimmtes Auto für die Zustellung an. Der Post-Mitarbeiter kann mit einer App die Position des geparkten Fahrzeuges orten. Dann entriegelt er mit einem sicheren Identifikations- und Berechtigungssystem den Kofferraum und legt das Paket direkt in das Auto. Der Empfänger wird darüber per E-Mail, SMS oder App informiert. Die Post arbeitet hier mit der auf Informations- und Kommunikationssysteme spezialisierten Firma T-Systems zusammen. Diese stellt sicher, dass nur der autorisierte Zusteller den Kofferraum öffnen kann. Derzeit wird das Ganze mit Autos einer oberösterreichischen Firma getestet.

Peter Umundum, Vorstand der Post, kann sich vorstellen, den Dienst ab 2017 kommerziell anzubieten. Eine Hürde ist, dass das Auto des Kunden mit dem dafür notwendigen System ausgestattet werden muss, was einmalig rund 100 Euro kostet. Auch die Deutsche Post erprobt die Kofferraumzustellung in München und will das Projekt noch heuer auf weitere Großstädte ausdehnen.

Amazon als Vorreiter

Das neue Service ist als Ergänzung zu den bisherigen Zustellarten gedacht. In der Paketzustellung sind die letzten Meter bis zum Kunden, auch „last mile“ genannt, die schwierigsten und teuersten.

Denn nichts verärgert Kunden mehr, als wenn die Bestellung verspätet eintrifft. Die Österreichische Post will noch in der zweiten Jahreshälfte 2016 mit einer neuen Haustürlösung auf den Markt kommen. Dazu soll der Empfänger eine Box vor die Wohnungstüre stellen. Die Box hat eine Schlaufe, die unter der Tür durchgezogen wird und das Wegtragen durch Unbefugte verhindern soll. Der Postler legt dann die bestellte Ware in die versperrbare Box hinein.

Viele Innovationen hängen mit dem Erfolg des weltweit führenden Onlinehändlers Amazon zusammen. Alle großen Logistikkonzerne wollen mit Amazon Geschäfte machen und sind daher gezwungen, neue Zustellmöglichkeiten anzubieten. Amazon erweitert ständig seine Produktpalette und startete beispielsweise im Mai in Berlin mit dem Service „Prime now“. Dabei werden Waren innerhalb einer Stunde zugestellt. Der US-Konzern arbeitet dabei mit zwei lokalen Kurierdiensten zusammen. Im Herbst will Amazon den deutschen Lebensmittelmarkt aufrollen und mit „Amazon Fresh“ in mehreren Städten frische Lebensmittel zustellen.

In den USA ist Amazon in diesem Segment bereits erfolgreich tätig. Im Juni startete das Unternehmen mit „Amazon Fresh“ in London. Mit 130.000 Lebensmitteln ist dort die Auswahl riesig. Zum Vergleich: In einem durchschnittlichen Supermarkt werden 12.000 Produkte angeboten. Der Chef des deutschen Lebensmittelhändlers Rewe, Alain Caparros, befürchtet, dass der Einstieg von Amazon im deutschen Lebensmittelhandel einen Sturm entfachen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2016)

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