Ökonomen sehen Österreichs Wirtschaft rascher wachsen

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Binnennachfrage und Privatkonsum stützen laut IHS und Wifo die Konjunktur. Auch die Steuerreform trägt zum Aufwärtstrend bei. Die Arbeitslosigkeit steigt kaum noch.

Wifo und IHS sehen einen Aufwärtstrend. Heuer und nächstes Jahr soll Österreichs Wirtschaft aufgrund des Privatkonsums, aber auch wegen der Steuerreform rascher wachsen, erwarten die führenden Ökonomen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sollte 2016 und 2017 real um je 1,7 Prozent zulegen, rechnet das Wifo, und das IHS geht von jeweils 1,5 Prozent Anstieg aus. Die Zunahme der Arbeitslosigkeit schwächt sich ab. die Arbeitslosenzahlen leg noch etwas zu, aber weniger als noch im März angenommen.

Getragen wird das stärkere Wachstum von einer Belebung der Binnennachfrage, gestützt von einer günstigen Beschäftigungssituation und steigenden Einkommen der privaten Haushalte, erklärte am Donnerstag das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Die Exportwirtschaft erhalte dagegen wegen der zögerlichen Entwicklung des Welthandels nur begrenzte Impulse. 2015 war das heimische BIP lediglich um 0,9 Prozent angestiegen.

Trotz höherer BIP-Zuwachsrate ist 2016 die Konjunkturdynamik noch gering, betont das Wifo. Erst 2017 dürfte die Konjunktur wesentlich dynamischer verlaufen. Vor allem der Außenhandel sollte dann - vor dem Hintergrund einer Belebung des Welthandels und der Weltkonjunktur - stärker zum heimischen Wachstum beitragen. In den USA werde die Expansion 2017 kräftiger ausfallen, ähnlich dürfte sich die Erholung im Euro-Raum fortsetzen, glaubt das Wifo.

Weltwirtschaft dämpft Export

Begonnen hat die Wachstumsbeschleunigung im ersten Vierteljahr - da lag die Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent über dem Vorquartal bzw. 1,6 Prozent höher als ein Jahr davor. Bei den Investitionen setzte sich laut Institut für Höhere Studien (IHS) die positive Entwicklung fort, die Konsumnachfrage zog spürbar an: "Positive Konjunkturimpulse gehen von den - aufgrund der Steuerreform und der geringen Inflation - stark ansteigenden verfügbaren Realeinkommen aus", so das Institut zur neuen vierteljährlichen Prognose. Das Exportwachstum sei durch die Weltkonjunktur gedämpft, und die Importnachfrage bleibe infolge der Inlandskonjunktur kräftig.

Für die Aktiv-Beschäftigten wird vom IHS heuer ein Zuwachs um 1,5 Prozent erwartet, für nächstes Jahr dann ein Plus von 1,2 Prozent. "Dies reicht aber nicht aus, um den Anstieg des Arbeitskräftepotenzials vollständig aufzunehmen", erklärt das Institut. Die anhaltende Ausweitung des ausländischen Arbeitskräfteangebots - vor allem aus ost- und mitteleuropäischen EU-Staaten - werde durch den Zustrom von Asylwerbern verstärkt. Dazu steigt auch die Erwerbsneigung von Frauen und Älteren, so dass die Zahl der Erwerbspersonen wächst.

Die Arbeitslosenquote nach heimischer Berechnung dürfte aber nicht bis 2017 auf fast zehn Prozent klettern, wie noch im Frühjahr befürchtet.

WIFO/IHS-Konjunkturprognose
WIFO/IHS-Konjunkturprognose(c) APA

Brexit "ohne unmittelbaren Folgen"

Der rein ökonomische Effekt eines Austritts Großbritanniens aus der EU wäre relativ gering, entscheidend sei, wie ein allfälliger Brexit-Entscheid umgesetzt werde, sagte Wifo-Chef Karl Aiginger am Donnerstag. Bei einem "Remain" würde die Unsicherheit wegfallen, es seien sogar positive Auswirkungen möglich, etwa wenn Europa dynamischer werde. Helmut Hofer vom IHS erwartet einen Verbleib in der EU.

Großbritannien selbst müsste im Falle einer "Leave"-Entscheidung "0,2 bis 0,4 Prozent" Wachstumsverlust für seine Wirtschaft hinnehmen, sagte Aiginger bei der Vorlage der jüngsten Konjunkturprognose. In der EU würde der Verlust 0,1 Prozent ausmachen, Österreich würde auch etwa in diesem Bereich liegen. Bei einem "Remain" würde eine Unsicherheit wegfallen, das könnte dann einen positiven Effekt auch in dieser Größenordnung von 0,1 Prozent Plus haben.

Ein möglicher Volksentscheid zugunsten eines Austritts Großbritanniens aus der EU sollte keine unmittelbaren Folgen für Österreichs Exportwirtschaft nach sich ziehen, verweist das Wifo auf die bis zu zweijährige Übergangsfrist gemäß Lissabon-Vertrag. Mögliche Finanz- und Devisen-Turbulenzen könnten aber Negativeffekte auslösen, die jetzt noch nicht abschätzbar seien.

Ein "Brexit" würde die Unsicherheit über die Ausgestaltung der europäischen Institutionen weiter erhöhen, meint das Institut für Höhere Studien (IHS) dazu, doch sollten die kurzfristigen direkten Effekte für Österreich aufgrund der vergleichsweise niedrigen Intensität der ökonomischen Verflechtungen gering ausfallen, wird betont.

(APA)

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