IHS-Chef Kocher: „Werde den Mund aufmachen“

PK INSTITUT FUeR HOeHERE STUDIEN (IHS) 'PRAeSENTATION DES DESIGNIERTEN DIREKTORS': KOCHER
PK INSTITUT FUeR HOeHERE STUDIEN (IHS) 'PRAeSENTATION DES DESIGNIERTEN DIREKTORS': KOCHERAPA/HELMUT FOHRINGER
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Der neue IHS-Chef, Martin Kocher, ortet mangelndes Vertrauen der Österreicher in die Wirtschaft.

Wien. Das Institut für Höhere Studien versucht einen Neustart mit Martin Kocher an der Spitze. Der 42-jährige Verhaltensökonom, der heute an der Universität München lehrt, wird ab September für fünf Jahre die Leitung des IHS übernehmen. In der wirtschaftspolitischen Debatte in Österreich ist der gebürtige Salzburger bisher kaum in Erscheinung getreten. Das soll sich bald ändern: „Ich werde den Mund aufmachen“, verspricht er.

Als Forscher hat sich Kocher lang mit öffentlichen Finanzen, den Auswirkungen von Unsicherheit auf wirtschaftliche Entscheidungen und dem Gelingen von Kooperation beschäftigt. Das seien alles Themen, die die Regierung vielleicht ganz gut gebrauchen kann, ist der neue IHS-Chef überzeugt. Anders als manch andere Ökonomen wolle er „Ideologie und Wissenschaft aber stets sauber trennen“. Ideologische Argumente seien nur dann gerechtfertigt, wenn schnelle Entscheidungen gebraucht seien, die Datenlage aber keine belastbaren Ergebnisse zulässt. „Heute sind die Daten aber in einer Menge vorhanden, dass man sich fast alles wirklich fundiert ansehen kann. Ideologie braucht es dann nicht mehr.“

„Es geht besser, als wir glauben“

In einem erstem Blitzbefund der österreichischen Wirtschaft hat Kocher zwei Schwachstellen ausgemacht. Erstens: Die Unsicherheit der Menschen sei größer als die tatsächlichen Probleme des Landes. „Es geht uns besser, als wir glauben.“ Zweitens: Private Investitionen liegen seit der Krise brach. Das zu ändern, sei „das Wichtigste, was die Regierung in den kommenden Jahren tun sollte“.

Am IHS selbst will Kocher die Zusammenarbeit von Ökonomen, Soziologen und Politologen stärken und enger mit Universitäten kooperieren. Die finanzielle Zukunft des Instituts sieht er als gesichert, obwohl die Stadt Wien als Geldgeberin ausgestiegen ist. Das IHS erhält ein Drittel seines 9,5 Millionen Euro Jahresbudgets vom Finanzministerium. Für 40 Prozent der Mittel muss das IHS Forschungsaufträge lukrieren. Kocher will diesen Anteil senken: „Es ist meine Aufgabe, die Politik zu überzeugen, dass auch sie profitiert, wenn ein unabhängiges Institut Fakten erarbeitet.“ Wie sehr die Politiker auf ihn hören, werde er noch lernen müssen, räumt Kocher ein. (auer)

(Print-Ausgabe, 02.07.2016)

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