Weißrussland: Telekom Austria erfüllt nur ihre Pflicht

Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Konzern öffnet laut Amnesty International sein Netz dem autoritären Regime in Weißrussland und erlaubt somit die Überwachung der Kunden. Die TA betont, sie müsse den Gesetzen entsprechen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erhebt schwere Vorwürfe gegen die Telekom Austria. Der Konzern, aber auch das türkische Telekomunternehmen Turkcell, gestatteten in Weißrussland der Regierung, Telefonate abzuhören und somit Menschen zu überwachen und auszuspionieren. In einem Bericht, der auf Interviews mit Journalisten, Anwälten, Oppositionspolitikern und Menschenrechtsaktivisten in Weißrussland und im Ausland basiert, heißt es: „Telekom-Unternehmen, darunter solche im Besitz von Telekom Austria und Turkcell, gestatten der Regierung nahezu unbegrenzten Zugriff auf die Kommunikation ihrer Kunden und deren Daten.“

In einem Land, in dem man für Kritik am Präsidenten verhaftet werden kann, mache allein die Möglichkeit, von Behörden ausspioniert zu werden, die Arbeit von NGOs so gut wie unmöglich, sagt Joshua Franco, Experte für Technologie und Menschenrechte bei Amnesty, dazu. Franco räumt allerdings ein, dass Unternehmen, die in Weißrussland tätig sind, den Behörden Zugriff auf ihre Kundendaten gewähren müssten – ohne Anordnung oder Begründung.

Die Telekom, die in Weißrussland über die Tochter Velcom agiert, hat auf die Vorwürfe reagiert und laut Amnesty darauf hingewiesen, dass sie verpflichtet sei, den Gesetzen des Landes zu entsprechen. Zur „Presse“ sagt Sprecherin Ingrid Spörk: „Telekomunternehmen sind weltweit gesetzlich verpflichtet, den Behörden unter dem Rechtstitel ,lawful interception' („rechtmäßige Überwachung“) technische Schnittstellen zur Verfügung zu stellen.“ Die Telekom Austria (und damit auch die Velcom) sei sich der politischen Rahmenbedingungen und der Menschenrechtsthematik sehr bewusst.

Amnesty fordert die Unternehmen auf, die fragwürdigen Gesetze zu hinterfragen und die Kunden wenigstens zu informieren, dass ihre Daten für die Behörden jederzeit abrufbar seien. „Die Zukunft der Meinungsfreiheit im Onlinezeitalter hängt davon ab, ob Unternehmen es wagen, repressive Regierungen herauszufordern, die Grenzen von Privatsphäre und freier Meinungsäußerung einzuhalten, oder ob sie mit ihnen weiter sanftmütig umgehen, um ihre Gewinnmargen zu schützen“, so Franco.

Die Telekom ist 2007 in das von Präsident Alexander Lukaschenko autoritär geführte Land eingestiegen. Mit knapp fünf Millionen Kunden ist die Velcom zweitgrößter Anbieter. Die hohe Inflation und die Abwertung des Belarus-Rubels beeinflussen das Ergebnis. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2016)

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