Start-ups: „Staaten müssen sich attraktiv machen“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Dass die Regierung sich des Themas Start-ups annehme, sei ein wichtiger Schritt, sagt der israelische Start-up-Finanzierer Nimrod Kozlovski: „Es ist nie zu spät.“

Wien. Start-ups, das waren früher meist junge Männer, die in der Garage der Eltern etwas basteln und von den coolen Kids in der Schule ausgelacht wurden. Aber heute lacht niemand mehr, nachdem Start-ups wie Microsoft oder Apple die Welt verändert haben.

Erst recht nicht, seit die zweite Welle (Google, Facebook etc.) hinzugekommen ist. Kleine, innovative Jungunternehmen mit verrückten Ideen, die die Welt verändern könnten, werden heute überall gesucht. Auch in Österreich.

Die Regierung hat gerade erst ein Förderungspaket für Start-ups vorgestellt, sie will die Finanzierung anschieben und so das richtige „Ökosystem“ für Jungunternehmen schaffen. Keine Sekunde zu spät: Eine Studie hat kürzlich festgestellt, dass Wien im internationalen Vergleich noch hinterherhinkt. Aber zumindest hat die Regierung das Thema eindeutig im Blick.

SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern lässt sich mit Vorliebe bei Start-up-Veranstaltungen blicken. Und ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer sagt: „Mit dem frischen Geld schaffen wir neue Jobs und können bis 2020 50.000 neue Gründungen auslösen.“

Traditionelle Branchen aufwirbeln

Die gute Nachricht: „Es ist eigentlich nie zu spät für Start-ups. Es gibt immer wieder eine neue Welle an Innovationen.“ Das sagt Nimrod Kozlovski, Partner bei Jerusalem Venture Partner's (JVP), einem Start-up-Fonds mit mehr als einer Milliarde Euro an Kapital. „Die Presse“ traf Kozlovski am Rande der Veranstaltung „Cyber 4 Industry“, initiiert von der Österreichisch-Israelischen Handelskammer in Kooperation mit der Israelischen Handelsvertretung in Wien.

Österreich könne von Israel viel lernen, so Kozlovski. „Man kann uns schon eine Start-up-Nation nennen. Wir haben vor 20Jahren erkannt, dass immer dann Möglichkeiten entstehen, wenn Industrien durch neue Technologien verändert werden.“

Bei Start-ups gehe es nicht um traditionelle Jungunternehmen, sondern um junge Unternehmen, die traditionelle Branchen mit neuen Technologien aufwirbeln. „Nehmen Sie zum Beispiel die Banken- und Finanzindustrie. Da tun sich dramatische Dinge. Es hat heute einfach keinen Sinn mehr, die traditionellen Geldservices noch über Banken abzuwickeln.

Sowohl was die Finanzplanung betrifft, als auch bei der Zahlungsabwicklung oder sogar der Kreditvergabe: Überall gebe es Technologien, die diese Dinge besser können als Banken, sagt Kozlovski, der in der Vergangenheit auch ein Captain der Einheit für elektronische Kriegsführung der israelischen Armee war.

Australien habe gerade erst ein Paket vorgestellt, das es jungen Finanzunternehmen (FinTech) erleichtern soll, auf den südlichen Kontinent zu übersiedeln. Da man aber nicht wissen kann, wo die rasante Entwicklung von Ideen und Technologie als Nächstes zuschlagen wird, sollten sich Städte, Länder und ihre Regierungen auf das Schaffen der richtigen Infrastruktur und Umgebung konzentrieren. In Israel gibt es inzwischen sogar einen Chief Science Officer, also eine Art Wissenschaftszaren, der die Richtung der staatlich geförderten Bereiche vorgibt. Basis ist und bleibt aber die Finanzierung. „Es ist gut, was Österreich jetzt macht, Kapital ist die Basis“, sagt Kozlovski.

„Aber das Wichtigste sind noch immer die Menschen. Hochgebildete Leute können ihr Start-up überall gründen. Wir wissen heute, dass wir uns in einem Konkurrenzkampf um die Talente befinden.“ Hier könne Österreich seine Stärken ausspielen, auch wenn Städte wie Paris, Berlin oder London bereits einen Vorsprung haben.

„Lebensqualität ist für die Betreiber von Start-ups sehr wichtig. Junge Menschen achten auf das kulturelle Umfeld und ihr Sozialleben. Und dann braucht es ein gutes Ökosystem. Die Leute wollen Mentoren treffen und andere Start-up-Typen“, so Kozlovski. „Staaten müssen sich für Start-ups attraktiv machen.“

ZUR PERSON

Nimrod Kozlovski ist Experte für Cyber-Security und Partner des israelischen Start-up-Fonds JVP, der über ein Kapital von rund einer Milliarde Euro verfügt. Der Jurist hat selbst zwei Start-ups gegründet und war Captain in der Einheit für elektronische Kriegsführung der israelischen Armee. Kozlovski hielt vergangene Woche eine Rede bei der Veranstaltung „Cyber 4 Industry“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2016)

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