Ex-ÖIAG-Chef Kemler klagt die Republik

INTERVIEW MIT OeIAG-CHEF KEMLER
INTERVIEW MIT OeIAG-CHEF KEMLERAPA/HERBERT NEUBAUER
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Ex-ÖIAG-Chef Rudolf Kemler hat mit der Republik Österreich noch eine Rechnung offen. Er klagte auf Auszahlung seiner Urlaubstage. Es geht um mehr als eine Viertelmillion Euro.

Wien. Manche Wunden heilen langsam. Die Wunde, die Rudolf Kemler zugefügt wurde, als er vor einem guten Jahr den Chefposten der damaligen Staatsholding ÖIAG räumen musste, verlangt offenbar immer noch nach einem Trostpflaster. Wie „Die Presse“ erfuhr, hat der nunmehrige Seniorpartner bei Roland Berger eine Klage gegen die Republik, respektive deren Tochter, die ÖIAG-Nachfolgerin Öbib, eingebracht.

Dem Vernehmen nach fordert der Manager mehr als eine Viertelmillion Euro vom Staat. Dabei geht es einerseits um 150.000 Euro an Pensionsbeiträgen. Sie sollen nicht bei einer Pensionskassa, sondern direkt auf Kemlers Konto landen. Dieses eher ungewöhnliche Vorgehen soll mit dem einstigen ÖIAG-Aufsichtsratspräsidenten Peter Mitterbauer mündlich vereinbart und unter dessen Nachfolger, Sigfried Wolf, in der letzten Aufsichtsratssitzung vor dem Ende der alten Staatsholding schriftlich fixiert worden sein. Dazu kommen noch einmal knapp 150.000 Euro für nicht konsumierte Urlaubstage, die Rudolf Kemler von der Republik ausbezahlt haben möchte. „Die Öbib hat ihre vertraglichen Verpflichtungen mir gegenüber nicht erfüllt“, sagt Kemler zur „Presse“. „Ich klage nichts ein, was nicht auch jedem anderen Angestellten zustehen würde.“

Eine halbe Million im Jahr

Der einstige Chef von Hewlett Packard Österreich war knapp drei Jahre lang an der Spitze der ÖIAG, die die Beteiligungen des Bundes bei OMV, Telekom Austria, Post und den Casinos Austria verwaltet hat. Zum Verhängnis wurde ihm ein Machtkampf in der Chefetage des teilstaatlichen Mineralölkonzerns OMV, der letztlich im unfreiwilligen Abgang von OMV-Chef Gerhard Roiss gipfelte. Kemler, damals auch Aufsichtsratspräsident des Energiekonzerns, wurde vorgeworfen, die Krise zusätzlich angeheizt und damit Unruhe in das größte Unternehmen des Landes gebracht zu haben.

Bei der darauffolgenden Umstrukturierung der alten Staatsholding ÖIAG zur Öbib hatten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP bereits keine Rolle mehr für ihn vorgesehen. Er wurde durch Martha Oberndorfer ersetzt, die Anfang Juni 2015 mit der Öbib die Verwaltung der Staatsbeteiligungen übernahm. Kemler musste gehen – und nun klagt er.

„Wir können die Zustellung der Klage von Herrn Kemler bestätigen“, sagt Öbib-Geschäftsführerin Martha Oberndorfer zur „Presse“. Große Sorgen macht sie sich deshalb nicht: „Wir sehen der Klage gelassen entgegen. Für uns ist sie Teil der Vergangenheitsbewältigung.“ Vergangenheitsbewältigung ist das schönere Wort für den radikalen Sparkurs, den Oberndorfer auf Wunsch des Finanzministers seit ihrem Antritt bei der Öbib fährt. Viele langjährige Mitarbeiter mussten das Unternehmen verlassen, zumeist im Unfrieden, etliche Prozesse sind anhängig. Über die Jahre haben sich in der alten Staatsholding ÖIAG einige Privilegien eingebürgert. Chauffeure wurden mitunter mit Jahresgagen jenseits der 100.000 Euro entlohnt. Rudolf Kemler selbst verdiente in seinem letzten vollen Arbeitsjahr 2014 laut ÖIAG-Geschäftsbericht 520.000 Euro brutto inklusive Sachbezügen. Oberndorfer, seine Nachfolgerin, erhält etwa die Hälfte.

Ein Abschied im Streit

Auch angesichts dessen scheint die Republik nicht willens zu sein, Kemlers Forderungen kampflos nachzugeben. „Jetzt erfolgt eine juristische Prüfung inklusive der Prüfung auf mögliche Schadenersatzansprüche seitens der Öbib“, erklärt Oberndorfer. „Bis diese abgeschlossen ist, können wir das Thema nicht näher kommentieren.“

Die Staatsholding stößt sich etwa daran, dass Rudolf Kemler seine kurze Zeit als Interimschef der Öbib genutzt haben soll, um die Gagen etlicher enger Mitarbeiter noch einmal kräftig aufzubessern. Über Bonifikationen konnten die Einkommen mancher Öbib-Mitarbeiter um bis zu einem Drittel erhöht werden. Am 8. Juni übernahm Oberndorfer den Chefposten, mit 23. Juni musste Kemler gehen. Bezahlt wurde der Manager noch bis Ende Oktober. Warum er die viereinhalb Monate nach seinem letzten Arbeitstag nicht zum Urlaubsabbau genutzt hat, erklärt der Manager so: „Das wäre natürlich gegangen, aber nur in beiderseitigem Einvernehmen.“ Genau das habe es mit der neuen Öbib-Führung aber nie gegeben.

Auf einen Blick

Ex-ÖIAG-Chef Rudolf Kemler fordert rund 300.000 Euro von der Republik Österreich. Es geht um offene Pensionsbeiträge und die Bezahlung nicht konsumierter Urlaubstage. Alle Versuche, eine außergerichtliche Einigung zu finden, seien gescheitert, sagt der Manager zur „Presse“. Die Staatsholding Öbib, die offiziell geklagt wurde, sieht dem Verfahren gelassen entgegen und prüft ihrerseits Schadensansprüche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2016)

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