Mo Sound: Kugelrunder Hörgenuss

Gemeinsam bilden Ronald Jaklitsch und Xiane Kangela das Wiener Duo Mo Sound. Sie haben sich der Herstellung von runden Lautsprechern verschrieben.
Gemeinsam bilden Ronald Jaklitsch und Xiane Kangela das Wiener Duo Mo Sound. Sie haben sich der Herstellung von runden Lautsprechern verschrieben. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Wiener Duo Mo Sound hat das quaderförmige Prinzip einer ganzen Branche durchbrochen und setzt auf runde Lautsprecherboxen aus Porzellan.

Bei Heavy Metal und Punk tun sie sich vielleicht ein bisschen schwer. Aber alle anderen Musikrichtungen kann man gut mit ihnen hören.“ Ronald Jaklitsch steht mitten im Raum und sieht seiner Geschäftspartnerin, Xiane Kangela, zu. Auf der Suche nach einer passenden Komposition dreht sie an ihrem iPod und greift zum Verstärker. Schon strömt ein angenehmer Klang durch den Raum. „Der Lautsprecher gibt einem das Gefühl, man ist mittendrin, aber woher die Musik kommt, lässt sich nicht genau sagen.“

Der 38-jährige Jaklitsch hat einst Produktions- und Automatisierungstechnik studiert. Heute stellt er in der Wiener Kirchengasse Lautsprecherboxen aus Porzellan her. Das Besondere daran? Ihre Form und ihr Klang. Jaklitschs kugelrunde Produkte unterscheiden sich entscheidend von den industriell erzeugten Geräten, deren Anmutung stets ähnlich ist: Ob in Schwarz oder in einem Braunton gehalten, das Gehäuse kommt im Elektrohandel meist quaderförmig daher. Bei Mo Sound aber, das für More Sound (mehr Klang) steht, ist das anders. „In Wahrheit war mir immer klar, wie ein Lautsprecher aussehen muss“, sagt Jaklitsch. Und das sei eben rund.

Jaklitsch ist für die technischen Finessen des kugelrunden Produkts zuständig. Ihre außergewöhnliche Form kann er daher leicht begründen. Bei quaderförmigen Gehäusen werde der Schall hin- und hergeworfen, in einer Kugel könne er sich hingegen frei entfalten. „Die Musik ist dann sauber im Klang.“

Jaklitsch arbeitete in der Automobilindustrie als Konstrukteur für Motoren, bevor es ihn in ein Ingenieurbüro als 3-D-Artist verschlug. Irgendwann hängte er auch diesen Job an den Nagel. Seine neu gewonnene Zeit investierte er in die Entwicklung eines Lautsprechers. „Irgendwann kam dann der Punkt, an dem ich nicht mehr zurückkonnte.“ Er hatte bereits zu viel investiert, wie er sagt, vor allem emotional. Jaklitsch hatte sein Produkt zwar schon im Kopf. Doch das passende Material fehlte ihm noch. Auf das stieß er durch Zufall. Eine befreundete Keramikerin brachte ihm den Werkstoff Porzellan näher. Was zunächst mit der Herstellung einfacher Häferln begann, die ihm ein Gespür für das Material gaben, endete schließlich in einer kugelrunden Form.

Porzellan habe besondere Eigenschaften, sagt Jaklitsch. Solche, die er über die Maßen schätzt. Das Material ist hart, gebrannt sogar härter als Glas, und das bringt wenig Eigenschwingung mit sich. Mit Holz seien runde Formen außerdem nur schwer möglich, sagt Xiane Kangela. Und wenn, dann nur mit hohem Verschnitt.
Kangela und Jaklitsch haben erst durch Mo Sound zusammengefunden. Kangela stellte zuvor bio-faire Kindermode her. Immer wieder traf man einander auf Verkaufsmessen, bis sich schließlich eine Geschäftsbeziehung ergab. Kangela trennte sich schließlich von ihrer Bekleidungslinie, seither versucht sie, das Produkt Lautsprecher-Kugel bekannt zu machen.

Tradition trifft Innovation. Es sei sehr aufwendig, eine perfekte Kugelform aus einem Guss zu erzeugen, erzählt Kangela. Weshalb sich anfangs niemand an das Unterfangen wagte. Doch in Deutschland wurde man fündig. Mo Sound traf auf den Traditionshersteller Weimar Porzellan. Das über 200 Jahre alte Unternehmen, gelegen an der Thüringer Porzellanstraße, stellt neben klassischen Teeservices auch Sonderanfertigungen her. Für Mo Sound aus Wien hatten die Mitarbeiter nicht nur ein offenes Ohr, auch waren sie bereit, in kleinen Stückzahlen zu produzieren.

Die Herstellung größerer Lautsprecher aber lehnten die Deutschen ab, erzählt Kangela. Dies sei zu mühsam, technisch zu aufwendig, erklärte man ihnen. Eine größere Kugel sei nicht nur dicker, sondern auch schwerer, und das mache sie anfällig für Risse und Fehler. Doch das Schicksal meinte es gut mit den beiden. Denn Augarten Porzellan rief an. „Wollt ihr nicht ein Projekt mit uns machen“, hätte die Wiener Manufaktur gefragt. Mo Sound zögerte nicht lang und tat seine Vorstellungen kund. Doch bis eine Form erzeugt werden konnte, die den Vorstellungen Jaklitschs entsprach, sollten ganze 18 Monate vergehen. Der Produktionsleiter hatte schlaflose Nächte, schildert Kangela. Augarten wollte ein perfektes Produkt, ohne Dellen, Verformungen und mit nahtlosem Guss – was schließlich gelang. Für Jaklitsch war Augarten also der ideale Partner. Denn „er gibt sich nie mit der ersten Lösung zufrieden, frühestens die zwanzigste kommt in Betracht“, sagt Kangela.

Doch das Äußere ist nicht alles, auch auf die inneren Werte kommt es an. Und so setzen Jaklitsch und Kangela auf „möglichst nahe“ Technik mit hoher Qualität. Ein hehres Vorhaben, das so einfach nicht ist. Vieles wird heute nur noch in Asien hergestellt, auch Mo Sound kann sich dem nicht entziehen. Unabhängig davon, wie weit manch elektronisches Bauteil gereist ist, Jaklitsch verbaut für sein Kugelgehäuse alles in Wien.

Für ein Paar Lautsprecher aus dem Hause Augarten muss ein Kunde rund 3300 Euro berappen. Die kleinere Variante ist ab 900 Euro zu haben. Ein Produkt für die Elite? So will es Kangela nicht sehen. Sie teilt die Zielgruppe lieber entzwei: Zum einen gäbe es da „Tamara Fesch“, die sich für Design interessiere, zum anderen spricht man „Audio-Philipp“ an. Design stehe für Letzteren nicht im Vordergrund, technische Details schon mehr. „Bei uns kaufen auch Studenten ein, die auf unsere Lautsprecher sparen.“

Selbst, wer die Summe locker beisammen hat, kann am Ende durch die Finger schauen. Und zwar dann, wenn die Porzellankugel auf dem Boden zerschellt. Doch die Kunden seien in aller Regel vorsichtig, ein solch bitteres Ereignis käme praktisch nicht vor.

Fakten

Mo Sound wurde im Jahr 2011 gegründet. Ronald Jaklitsch ist als Geschäftsführer für die Produktentwicklung verantwortlich, Xiane Kangela kümmert sich um die Kommunikation. Ihren Lautsprecher verkaufen sie in der Kirchengasse, im siebten Wiener Gemeindebezirk.

Lautsprecher in Kugelform haben den Vorteil, dass sich die Schallwellen weniger in die Quere kommen. Das Material Porzellan wiederum hat weniger Eigenschwingung.

899 Euro kostet ein Paar Kugellautsprecher aus Porzellan, mit 3299 Euro schlagen jene aus dem Hause Augarten zu Buche. Mo Sound stellt auch ganze Anlagen zusammen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2016)

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