Hypo: Das Versagen von Prölls Experten

In 78 Sitzungen hat der Hypo-U-Ausschuss 124 Zeugen befragt. Jetzt liegt der Entwurf für einen Endbericht zur Pleite der Kärntner Landesbank vor.
In 78 Sitzungen hat der Hypo-U-Ausschuss 124 Zeugen befragt. Jetzt liegt der Entwurf für einen Endbericht zur Pleite der Kärntner Landesbank vor.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Der Bericht des U-Ausschusses kritisiert die Kärntner Politik sowie Finanzmarktaufsicht, Nationalbank und Beamte von Ex-Finanzminister Pröll.

Wien. Eineinhalb Jahre lang hat sich der Untersuchungsausschuss im Parlament mit der Pleite der Hypo Alpe Adria befasst. 124 Auskunftspersonen wurden in 78 Sitzungen befragt. Jetzt liegt ein Entwurf für den Abschlussbericht vor. Man weiß zwar noch immer nicht, wie viel die Pleite der Kärntner Bank den Steuerzahler letztlich kosten wird, Verfahrensrichter Walter Pilgermair hat jetzt aber einmal einen 507 Seiten starken Bericht vorgelegt, in dem die Geschichte der Hypo penibel dargestellt wird. Mit Schuldzuweisungen hat sich der Jurist eher zurückgehalten – diese werden die Fraktionen wohl noch in den Endbericht hineinreklamieren. Aber auch Pilgermair hat in einigen Punkten schon sehr deutliche Aussagen getroffen.

Gründe für die Pleite

Hier nennt der Bericht zwei Namen: Bankmanager Wolfgang Kulterer, der auf ein rasantes Wachstum der Bank setzte, und Landeshauptmann Jörg Haider, der dieses erst ermöglichte. Mithilfe der Landeshaftungen konnte die Bank auf Expansionskurs gehen, ohne das nötige Eigenkapital und Kreditrisikomanagement zu haben. „Haider war stolz auf das rasante Wachstum der Bank und unterließ Steuerungsmaßnahmen zur Reduzierung der Bank. Zudem habe das Land „wirtschaftliche Eigeninteressen“ wie eine hohe Haftungsprovision verfolgt. „Das höchst riskante und zum Scheitern verurteilte Geschäftsmodell der Bank war der Ursprung allen Übels“, heißt es im Bericht. Kritik gibt es aber auch an der Bankenaufsicht, die angesichts der zahlreichen Malversationsfälle zu wenig und nicht ausreichend geprüft habe.

Notverstaatlichung

Irmgard Griss hat in ihrem Hypo-Bericht die Notverstaatlichung der Bank im Jahr 2009 als „nicht alternativenlos“ bezeichnet. Verfahrensrichter Pilgermair gibt in seinem Berichtsentwurf dazu keine explizite Stellungnahme ab und beschreibt die Zwänge, die letztlich zur Übernahme der Bank durch die Republik geführt haben: die unsichere Situation in der Wirtschaftskrise, die möglichen Effekte einer Pleite bis hin zur sofortigen Insolvenz des Landes Kärnten und das finanzielle Risiko, das aufseiten Österreichs bei 25 Milliarden Euro gelegen sei.

Trotzdem gibt es schwere Kritik an der Vorgangsweise: Spätestens seit dem Besuch des bayrischen Finanzministers, Georg Fahrenschon, im August 2009 in Wien sei klar gewesen, dass „Feuer am Dach“ war. Der Bericht schießt sich auf die „gesamte Beratergruppe des Ministers“, Nationalbank, FMA und Ministerialbeamte ein: Diese hätte den Minister nicht rechtzeitig informiert und ihm Handlungsalternativen angeboten. Das sei keine Kritik an Pröll: „Der Finanzminister muss nicht dafür einstehen, dass seine Spitzenbürokratie und seine Berater ihm zu spät Alternativen, Verhandlungsvorbereitung und -strategien vorgeschlagen haben.“ Die Folgen dieses Versagens der Experten: „Österreich überließ Bayern das Gesetz des Handelns und ließ sich dadurch in eine Schlussposition manövrieren, in der die Verstaatlichung nicht abzuwenden war.“

Verzögerung der Pleite

Hätte früher eine Bad Bank für die unrentablen Teile der Bank eingerichtet werden müssen? Management und Aufsichtsrat der Hypo hatten ebenso darauf gedrängt wie der EU-Wettbewerbskommissar. Der frühere Aufsichtsratspräsident Johannes Ditz ist heute noch davon überzeugt, dass damit der Verlust um Milliarden zu verringern gewesen wäre, da es dann keinen zeitlichen Druck für den Verkauf von Assets gegeben hätte. Die damalige Finanzministerin, Maria Fekter, hat sich gegen eine Bad Bank entschieden, weil damit das staatliche Defizit gestiegen wäre. Der Bericht enthält keine Wertung, wer recht hatte.

Empfehlungen

Der Bericht empfiehlt die Einführung eines eigenen Insolvenzrechts für Bundesländer, das von den Koalitionsparteien bisher abgelehnt wurde. Das derzeitige Fehlen berge die Gefahr eines „sorglosen ökonomischen Fehlverhaltens“ der Länder, da auf die Hilfe des Bundes spekuliert werde. Auch sollten Haftungen der Gebietskörperschaften begrenzt werden.

Eine einschneidende Änderung schlägt der Bericht für die Wirtschaftsprüfer vor: Künftig sollen sich die Unternehmen nicht mehr selbst ihre Prüfer aussuchen können, sondern diese sollen aufgrund eines objektivierten Mechanismus zugeteilt werden. Bei der Hypo hätten die Wirtschaftsprüfer „früher und kritischer“ prüfen müssen, die mangelnde Kritik sei das Ergebnis eines Interessen- und Zielkonflikts gewesen, da der Prüfauftrag von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung für die Kanzlei sei.
Änderungen soll es bei der Funktion der Staatskommissäre geben: Diese staatlichen Aufseher im Aufsichtsrat der Bank sollen entweder aufgewertet, oder die Funktion soll abgeschafft werden.

Mehr Transparenz wird bei internationalen Firmennetzwerken gefordert: Per Gesetz soll ein öffentlich einsehbares Register geschaffen werden, in dem der Letztbegünstigte von Firmennetzwerken aufscheint.

Der weitere Fahrplan

Endbericht. Verfahrensrichter Walter Pilgermair hat seinen Entwurf für einen Endbericht vorgelegt, den Nationalratspräsidentin Doris Bures am Dienstag an alle Fraktionen im Parlament verschickt hat. Diese haben jetzt zwei Wochen Zeit, um ihre ergänzenden Fraktionsberichte zu verfassen. Danach holt Pilgermair die Stellungnahmen von betroffenen Dritten, die im Bericht genannt sind, ein – diese können noch eingearbeitet werden. Am 10. Oktober beschließt der U-Ausschuss den Endbericht, der zwei Tage später im Plenum des Nationalrats behandelt wird. Danach ist der Weg für den nächsten Untersuchungsausschuss frei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2016)

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