„Wir verstehen uns als Treuhänder für die Aktionäre“

Fidelity-Österreich-Chef Adam Lessing.
Fidelity-Österreich-Chef Adam Lessing.(c) Teresa Zötl
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Fidelity-Österreich-Chef Adam Lessing spricht nach der Schlacht um Conwert über die Verantwortung von aktiv gemanagten Fonds.

Wien. Anfang der Woche legte Deutschlands größter Wohnungskonzern, Vonovia, ein Übernahmeangebot für den heimischen Immobilienkonzern Conwert. Die knapp 2,9 Milliarden Euro teure Übernahme ist nicht nur einer der größten Übernahmedeals hierzulande seit längerer Zeit. Er zeigte auch die Rolle von aktiv gemanagten Fonds. Noch im Frühjahr 2015 hatte Deutsche Wohnen bei Conwert angeklopft und pro Aktie 11,50 Euro geboten. Damals wehrten sich die Conwert-Aktionäre vehement. Vor allem die Fondsgesellschaft Petrus Advisers, aber auch Fidelity, die 7,9 Prozent an Conwert hält, war not amused. Ergebnis: Deutsche Wohnen blitzte ab. Das aktuelle Angebot von Vonovia entspricht 17,58 Euro pro Aktie und wird von Aktionären als „äußerst lukrativ“ bezeichnet. Für Fidelity-Österreich-Chef Adam Lessing hat die Schlacht um Conwert gezeigt, welch wichtige Rolle aktiv gemanagte Fonds haben.


Die Presse: Herr Lessing, wie fühlt man sich, wenn man als Investmentfondsmanager ausnahmsweise nicht zu den Heuschrecken, sondern zu den Guten zählt?

Adam Lessing: Wir sehen uns nur vor allem in unserer Arbeit bestätigt. Wir betreiben aktives Fondsmanagement, und das unterscheidet uns fundamental von den passiven Fonds, die sich an Indexen orientieren. Wir haben bei jedem einzelnen Titel, den wir kaufen, nicht nur eine eigene Meinung und Sichtweise, sondern vor allem auch eine Verantwortung als Investor. Das entspricht unseren Principles of Ownership. Wir verstehen uns als Treuhänder für die Aktionäre.

Und in dieser Rolle muss man sich mitunter auch lautstark zu Wort melden . . .

Zumindest dann, wenn es darum geht sicherzustellen, dass ein Konzern das Beste für seine Eigentümer macht. Anders geht es nicht. Wir müssen schließlich verstehen, was die Konzernspitze vorhat. Deshalb stehen wir in einem aktiven Dialog mit dem Management.


Zurzeit geht ja der Trend hin zu sogenannten Indexfonds. Weniger Gebühren, weniger menschliches Versagen lautet die Devise.

Aber im Fall Conwert wurde der Nachteil von passiven Fonds offensichtlich. Die machen nichts und geben damit auch in gewisser Weise die Verantwortung an die anderen Aktionäre ab.


Von welcher Verantwortung sprechen Sie?

Aktive Fonds haben einen Sinn für den einzelnen Investor, weil er mehr verdient. Es geht aber um den Markt als Ganzes. Von dieser Verantwortung rede ich. Wir sitzen nicht nur in den Hauptversammlungen und denken uns: Das geht uns nichts an. Ganz im Gegenteil: Im Fall des Falles werden wir aktiv. Dann nämlich, wenn wir der Meinung sind, dass das Management oder eine Aktionärsgruppe nicht zum Wohle des Unternehmens agiert.


Besteht nicht die Gefahr, dass aktiv verwaltete Fonds in die Rolle der Buchhändler gedrängt werden? Deren Beratung wird auch gern in Anspruch genommen, gekauft wird aber dann billig bei Amazon.

Ja, dieses Bild hat schon eine gewisse Berechtigung, dennoch profitieren die Kunden der aktiv gemanagten Fonds doch wesentlich mehr als etwa Kleinaktionäre.


Der Vergleich mit Amazon ist also Ihrer Ansicht nach nicht zulässig?

Doch, wir fühlen uns schon gewissermaßen in der Rolle des guten Buchhändlers. Der übernimmt ja auch die Verantwortung für seine Bücher und gibt nicht automatisch alles weiter, was gerade auf den Markt kommt. Er wählt gezielt aus und übernimmt somit auch eine wichtige Rolle im Literaturbetrieb. Und wir nehmen eben unsere Verantwortung für den Wirtschaftsbetrieb wahr.


Dennoch nehmen Sie diese Verantwortung in der Regel sehr leise – um nicht zu sagen hinter den Kulissen – wahr.

Typischerweise stimmen wir natürlich mit dem Management. Und wenn wir nicht einer Meinung sind, dann verkaufen wir die Aktie. In ganz bestimmten Fällen treten wir allerdings in einen – nennen wir es – robusteren Dialog. Dann sind wir auch gegen das Management. Diesen robusten Dialog führen wir teilweise direkt, mitunter wenden wir uns aber auch an die Öffentlichkeit, also an die Medien.


Etwa bei den früheren Versuchen, die Conwert zu übernehmen.

In solchen Extremfällen lehnen wir ein Übernahmeangebot ab und teilen darüber hinaus der Öffentlichkeit auch mit, warum wir so handeln. Aber ich betone: Wir reden hier von Ausnahmefällen. Wir neigen als Investor nicht zum Aktivismus.


Aber ab und zu ein bisschen Aktivismus hilft offenbar, das Profil gegen gegenüber den ETFs (börsengehandelten Fonds) zu schärfen?

Zumindest muss eines allen klar sein: Wenn es nur noch passive ETFs gibt, dann können die Unternehmen machen, was sie wollen, dann gibt es keine Aktionärsverantwortung mehr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2016)

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