Kiweno-Gründerin: „Wir haben viel dazugelernt“

Bianca Gfrei hat mit ihren beiden Mitgründern in zwei Jahren ein Start-up aufgebaut, das vielen ungelegen kommt.
Bianca Gfrei hat mit ihren beiden Mitgründern in zwei Jahren ein Start-up aufgebaut, das vielen ungelegen kommt. (c) Stanislav Jenis
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Mit ihrer Geschäftsidee, Gesundheitstests für zu Hause anzubieten, fand Bianca Gfrei großen Anklang, aber auch Widerspruch. Nun bringt das Unternehmen neue Produkte auf den Markt.

Wien. „Wir wollen alles anbieten, um Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Gesundheit in die eigene Hand zu nehmen. Sei es mit der Hilfe von unseren Tests oder unserer Online-Gesundheitsplattform“, erklärt die Tirolerin Bianca Gfrei die Vision ihres Start-up-Unternehmens Kiweno. Das Unternehmen gründete die damals 25-Jährige 2014 gemeinsam mit dem Internisten Roland Fuschelberger und ehemaligen Leiter des Tiroler Gesundheitszentrums Lanserhof sowie dessen Sohn Robert. „Jeder soll seine Gesundheit kritisch hinterfragen und nicht nur den Göttern im weißen Kittel allein vertrauen“, das sei der Grundsatz, hinter dem alle Eigentümer felsenfest stünden, sagt sie.
Ihre Geschäftsidee, einfache Tests für zu Hause anzubieten, mit deren Hilfe

ebensmittelunverträglichkeiten ausgelotet werden sollen, stieß schnell auf großen Gefallen. Die beiden Business Angels Hans Hansmann und Rudolf Semrad, der ehemalige Chef der Swatch Group, brachten nicht nur ihr Kapital, sondern auch ihr Know-how in die junge Firma ein. Und nach einem überzeugenden Auftritt von Gfrei in der Start-up-Show des Privatsenders Puls 4 war auch die ProSiebenSat1 Tochter bereit, ein Sieben-Millionen-Euro-Package, bestehend aus Sendezeit und Kapital, gegen 26,75 Prozent der Kiweno-Geschäftsanteile zu tauschen.

Der Start wie im Bilderbuch ging weiter. 2015 platzierte Kiweno seinen Lebensmittelunverträglichkeitstest mit großem Erfolg. „Bis dahin wussten wir nicht, wie wichtig den Menschen unser Thema ist. Ernährung beschäftigt und polarisiert unglaublich viele.“ Dementsprechend groß war die Nachfrage, nach den Test-Sets, die Kiweno ausschließlich online vertreibt.

„Für uns ein Tiefschlag“

Im März 2016 erweiterte das immer größer werdende Team sein Portfolio: Mit einem Test soll eine allfällige Histaminintoleranz, mit dem anderen die Lactose-Verträglichkeit gemessen werden. Alles lief nach Plan, bis Gfrei und ihre Mitgründer erfahren mussten, dass jedem Hoch auch ganz schnell ein Tief folgen kann.

Ein „Profil“-Artikel setzte sich im April kritisch mit dem Kiweno-Lebensmittelunverträglichkeitstest auseinander. Namhafte Allergologen sprachen dem Test darin jegliche Aussagekraft ab. Sie warfen dem Unternehmern vor, Kunden unnötigerweise dazu zu motivieren, Lebensmittel zu meiden. Und all das, weil Testergebnisse auf nicht anerkannte Art interpretiert würden. Harte Vorwürfe, zumal die Seriosität des ganzen Unternehmens in Frage gestellt wurde. „Für uns war der Bericht zweifellos der erste große Tiefschlag“, sagt Gfrei und will auch gleich inhaltlich dazu Stellung beziehen: Tatsächlich handle es sich bei dem Test um einen, der von vielen, aber nicht von allen Wissenschaftlern anerkannt sei. Allen, den Gründern und den Investoren sei das auch bewusst gewesen. Bevor man das Produkt auf den Markt gebracht habe, hätten alle gemeinsam lange die Für und Wider abgewogen, um sich danach bewusst für dessen Einführung zu entscheiden. „Denn wir waren überzeugt, dass der Bedarf nach so einem Test groß ist“, sagt Gfrei.

Letztlich sei mit dem Zeitungsartikel ein Stellvertreterkrieg auf ihren Schultern ausgetragen worden, ist sie überzeugt: „Denn genau denselben Test, den Kiweno anbietet, verwenden auch alle Mediziner und Therapeuten, die in ihrer Ordination Lebensmittelunverträglichkeit austesten. Nur nehmen sie den Patienten direkt vor Ort Blut ab, und bei uns werden wenige Blutstropfen im Röhrchen direkt ins Labor nach Deutschland eingeschickt.“

Doch wieso sollten Ernährungsberater, Ärzte, Allergie- und andere medizinisch-diagnostische Ambulatorien fürchten, dass ihnen ausgerechnet das kleine Start-up aus Tirol die Kundschaft abspenstig macht? „Weil wir die Leute einfach anders ansprechen. Wir sind nicht der Arzt, der mit erhobenen Finger dem Patienten sagt, was er zu tun hat. Wir sind Partner, der Betroffenen dabei hilft herauszufinden, was ihnen guttut. Und wir bereiten medizinische Informationen so auf, dass sie jeder verstehen kann.“ Das mache sehr viel aus, sagt Gfrei.

Im Übrigen sei es nie Intention von Kiweno gewesen, mit den angebotenen Produkten den Besuch beim Arzt zu ersetzen. Was das Unternehmen jedoch wolle, sei, den Gesundheitsmarkt zu demokratisieren. Darum biete man auch eine Online-Plattform an, auf der jeder, den es interessiert, mit Kiweno und seiner Community über Ernährung, Rezepte und Gesundheitsprobleme kommunizieren kann. Apropos Kommunikation: Die habe man nach den jüngsten Erfahrungen viel klarer gestaltet, sagt Gfrei. „Wir weisen unsere Kunden nun noch genauer darauf hin, was sie mit den Tests erfahren und was nicht.“

Gewappnet für jede Frage

Ob der Ruf des Start-up aufgrund der Berichterstattung gelitten hat, kann Kiweno ab kommenden Montag beobachten, denn da wird das Angebot um vier weitere Tests erweitert. Anhand verschiedener Biomarker sollen etwa Vegetarier erfahren, ob es Hinweise auf eine allfällige Unter- oder Überversorgung von Nahrungsbestandteilen gibt.

Dass jeder dieser Artikel von Experten und Mitbewerbern kritisch beäugt werden wird, darauf hat sich Gfrei schon eingestellt. „Für jedes einzelne Produkt haben wir einen Stapel von wissenschaftlichen Studien parat, die von externen Auditoren geprüft worden sind. Wir haben dazugelernt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2016)

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