OMV-Russen-Deal: Neustart mit Kanzler Kern?

Umschichten und neue Wege suchen. OMV-Chef Rainer Seele schielt auf die Unterstützung des Regierungschefs.
Umschichten und neue Wege suchen. OMV-Chef Rainer Seele schielt auf die Unterstützung des Regierungschefs. (c) Reuters
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Die geplanten Deals der OMV mit Gazprom kommen nicht vom Fleck. Nun hoffen beide Konzernchefs auf die Unterstützung von Bundeskanzler Christian Kern.

Wien. Was Bundeskanzler Christian Kern von den geplanten Projekten des Mineralölkonzerns OMV mit der russischen Gazprom hält, das hat er bisher noch nicht gesagt. Schon bald aber werden OMV-Chef Rainer Seele und Gazprom-Boss Alexej Miller erfahren, ob sie in Kern einen Verbündeten haben. Wie die „Presse“ aus informierten Kreisen erfuhr, sollen sich die drei am 11. Oktober im Kanzleramt zum Meinungsaustausch treffen. Miller reist dafür extra aus Moskau an. Ihm liegt genauso wie Seele viel daran, die ins Stocken geratenen Kooperationspläne endlich ins Laufen zu bringen. Die OMV kommentiert diese Information auf Anfrage nicht: „Bei Marktgerüchten machen wir das generell nicht und Terminkalender sind vertraulich“, so die Antwort. Auch das Bundeskanzleramt sagt: „Kein Kommentar“.

Mit viel Elan war Rainer Seele vor gut 14 Monaten nach Österreich gekommen, um den börsenotierten Mineralölkonzern OMV durch die schwierige Zeit des niedrigen Ölpreises zu manövrieren.

Vor allem die Neuausrichtung hin zu billigen, aber riskanteren Produktionsländern wie Russland hatte Seele von Anfang an als eine nahezu ausgemachte Sache dargestellt. Dabei ging es ihm um zwei Projekte: die Teilnahme am Bau des zweiten Strangs der russischen Gaspipeline durch die Ostsee nach Europa (Nord Stream 2). Und die Übernahme von 24,9 Prozent am sibirischen Gasfeld Urengoj. Diese Beteiligung soll durch einen Tausch von Vermögenswerten (Asset Swap) ermöglicht werden, im Zuge dessen die Gazprom Anteile an OMV-Vermögenswerten erhält.

Ein Kaliber für Oslo

14 Monate später steht fest, dass der OMV-Chef mit beiden Plänen nicht so vorankommt wie erhofft. Das Nordstream-2-Projekt hat erst neulich durch den Widerstand Polens einen schweren Rückschlag erlitten. Und der große Asset Swap mit Gazprom will auch nicht so richtig in die Gänge kommen.

Das liegt vor allem an den Norwegern. Sie wehren sich – wie die „Presse“ Ende Juni enthüllte – gegen eine Beteiligung der Russen an norwegischen OMV-Aktiva, die die OMV den Russen anbietet. Doch erst diesen Donnerstag setzte der Vizechef der Gazprom, Alexander Medwedew, eins nach und stellte klar, dass sich sein Konzern nicht bloß mit einer 25 Prozent-Beteiligung zufrieden geben würde. Die Russen wollen angeblich gleich die Hälfte der norwegischen OMV-Vermögenswerte. Allein, ohne die Zustimmung der Norweger geht gar nichts.

Seele blieb indes nicht untätig und schaltete ein Kaliber der Extraklasse ein: Philip Lambert. Der medial meist unsichtbare Brite hat wiederholt im Hintergrund die Fäden gezogen, wenn westliche Konzerne mit russischen Giganten zusammengehen wollten – zuletzt 2012, als die britische BP groß beim russischen Branchenprimus Rosneft einstieg.

Nun soll es dem renommierten Strategieberater, der neben London auch noch Büros in Oslo und Moskau unterhält, gelingen, die norwegische Regierung umzustimmen.
All diese für die Beteiligten mühsamen Verhandlungen mit Norwegen hätte sich die OMV ersparen können, wäre sie bei dem geplanten Vermögenstausch nicht hierzulande gebremst worden.

Christian Kerns Vorgänger, Werner Faymann, war es, der den Swap mit den Russen ins Wanken brachte. Die ursprünglich angepeilte Beteiligung von Gazprom an innerösterreichischen OMV-Aktiva – vor allem an der Raffinerie in Schwechat – konnte Seele beim Ex-Bundeskanzler und seiner SPÖ nämlich nicht durchbringen. Selbst die Bemühungen des ehemaligen SPÖ-Nationalrates, Kurt Eder, der von der OMV für das Lobbying bei seinen Parteifreunden engagiert worden war, brachten nichts. Nach Faymanns Veto kündigte Seele Eder sofort sein Mandat.

Wofür ist Kern?

Inzwischen ist nicht nur einige Zeit vergangen, Österreich hat auch einen neuen Bundeskanzler. Eine gute Gelegenheit für die OMV und Gazprom, das gesamte Tauschgeschäft noch einmal aufzurollen.

Dem Vernehmen nach wollen die Gasmanager bei Kern vorfühlen, welcher Spielraum politisch besteht und welche Szenarien für den Asset Swap denkbar wären. Anders als früher geplant, soll seine Realisierung auch nicht mehr mit jener des Nordstream-2-Projekts junktimiert werden, sondern unabhängig von einander beurteilt werden.

Die Gretchenfrage wird also sein, ob auch Christian Kern hinter dem Nein Faymanns zu einer Beteiligung der Russen an der OMV-Raffinerie steht oder ob er sich diese Variante vorstellen kann. Oder ob ihm Seele und Miller eine völlig neue Variante präsentieren und schmackhaft machen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2016)

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