Fördern wir Ökostrom stärker als erlaubt?

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Österreicher zahlen heuer 846 Millionen Euro Ökostromförderung. 200 Millionen mehr, als der EU lieb ist.

Die gute Nachricht vorweg: In Österreich wurden im Vorjahr deutlich mehr neue Solaranlagen, Windparks und Biomasseanlagen errichtet, als sich das Land zum Ziel gesetzt hat. Konkret hat die Republik die Ausbauquote für 2015 um stolze 44 Prozent übererfüllt. Inzwischen stammen 74 Prozent des im Land erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen. 15,9 Prozent steuern geförderte Wind-, Solar- und Biomasseanlagen bei.

Diese Massen an neuen Ökostromkraftwerken haben ihren Preis. Laut aktuellem Ökostrombericht des Energieregulators E-Control mussten die heimischen Haushalte im Vorjahr 755 Millionen Euro zuschießen, um es den Betreibern von Windrädern und Solaranlagen zu ermöglichen, ihren Strom zu einem überhöhten Preis zu verkaufen. Auf dem Markt hätten diese für ihren Strom im Schnitt nicht einmal ein Drittel erhalten. Jeder typische Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch musste dafür 100 Euro im Jahr ablegen. Heuer werden die Kosten noch einmal kräftig anziehen, warnt die E-Control. Sie rechnet für 2016 mit reinen Förderkosten von 120 Euro pro Haushalt, in Summe 846 Millionen.

Nun könnte man ewig darüber diskutieren, ob wir es uns leisten wollen (oder gar müssen), so viel Geld dafür auszugeben, dass nächstes Jahr vielleicht 75 statt 74 Prozent des gesamten Stroms in Österreich wirklich supersauber sind. Das Gute ist: Wir können uns diese Debatte an dieser Stelle getrost sparen. Denn 846 Millionen Euro sind nicht nur viel Geld, 846 Millionen sind streng genommen sogar verboten viel Geld. Die EU-Kommission hat Österreich bei der Novellierung des Ökostromgesetzes im Jahr 2012 nämlich die Auflage erteilt, künftig maximal 550 Millionen Euro plus zwanzig Prozent – also 660 Millionen Euro – für die Alimentierung der Ökostrombranche auszugeben. Österreich gibt demnach jedes Jahr um fast 200 Millionen Euro mehr Fördermillionen für sauberen Strom aus, als die EU erlaubt. Ein Umstand, der auch den Neos nicht entgangen ist, die eine parlamentarische Anfrage bei Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) eingebracht haben. Die Ökobranche sieht keinen Grund zur Aufregung. Die Vorgabe aus Brüssel werde falsch gelesen, argumentieren sie. Die EU habe lediglich jenen Betrag gedeckelt, der seit der Novelle 2012 zusätzlich fließen dürfe.

Egal, wessen Lesart letztlich die Richtige ist, das Drängen der Branche auf eine neue Gesetzesnovelle – sprich Auffettung der Subventionen – ist unter diesen Voraussetzungen doch etwas kühn. Nun kann man für die paar hundert Bauern, die auf unrentablen Biogasanlagen sitzen und ihren persönlichen Ruin fürchten, noch Verständnis aufbringen. Doch der Versuch der Regierung, sie mit Schließungsprämien zu retten, blieb auch im Rest der Branche nicht unbemerkt. Seitdem macht vor allem die Windlobby kräftig Druck, dass noch mehr Windräder mit freundlicher finanzieller Unterstützung der Stromkunden aufgestellt werden. Diese Me-too-Strategie hatte bisher offenbar Erfolg. Im Vorjahr räumte keine andere Ökostromtechnologie mehr Fördergeld ab als die Windkraft.

E-Mails an:matthias.auer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2016)

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