ÖBB-Skandal: Ministerium stellt „Konsequenzen“ in Aussicht

Infrastrukturministerin Doris Bures.
Infrastrukturministerin Doris Bures.(c) Clemens Fabry
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Mitarbeiterüberwachung und Sammlung von Krankenstandsdaten bei der Eisenbahn waren wirkungsvoll – aber ungesetzlich.

Wien (red.). Der Datenskandal um die ÖBB wächst nun in politische Dimensionen hinein: Nach dem „Geständnis“ des früheren ÖBB-Personalchefs Franz Nigl hat Infrastrukturministerin Doris Bures „Konsequenzen“ angedeutet – allerdings erst nach der Vorlage des ÖBB-Untersuchungsberichts am heutigen Freitag.

Wie berichtet, hat das ÖBB-Management illegal Krankenstandsdaten von Mitarbeitern gesammelt und gespeichert. Eisenbahner wurden unter anderem während des Krankenstandes von ÖBB-Mitarbeitern zu Hause kontrolliert und nach Ende ihrer Krankenstände zu den genauen Ursachen befragt. Nigl räumte am Donnerstag ein, dies sei ein „Fehler“ gewesen, für den er sich nachträglich entschuldige.

Krankenstandsproblem bei ÖBB

Allerdings, so Nigl, hätten die ÖBB auch „ein Krankenstandsproblem“ gehabt, das durch diese Vorgangsweise gemildert worden sei. Statistische Daten untermauern dies: Eisenbahner waren im Schnitt zweieinhalbmal so lange im Krankenstand wie Beschäftigte in der Privatwirtschaft. Durch die – gesetzlich freilich nicht gedeckten – Maßnahmen war es gelungen, die durchschnittliche Krankenstandsdauer von 27 auf 17 Arbeitstage im Jahr zu senken. Zum Vergleich: Beschäftigte in der Privatwirtschaft sind im Schnitt rund zwölf Tage im Jahr in Krankenstand.

Dabei müssten Eisenbahner eigentlich besonders gesund sein: Verfügt das Unternehmen doch über eine eigene „Gesellschaft für Prävention und Arbeitsmedizin“. Diese passenderweise in der Wiener Invalidenstraße angesiedelte „Wellcon“ gehört zu zwei Dritteln der gewerkschaftsdominierten Eisenbahner-Sozialversicherung und zu einem Drittel einer ÖBB-Tochter – und ist bisher vor allem zwei Mal öffentlich aufgefallen: 2002, als sie vom damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider bezichtigt wurde, eine unrühmliche Rolle bei krankheitsbedingten Frühpensionierungen von Eisenbahnern zu spielen. Und 2007, als die Lebensgefährtin des Eisenbahner-Gewerkschaftschefs nach schweren Verlusten als Geschäftsführerin gehen musste.

Was freilich nichts daran ändert, dass die Datensammlungspraxis bei Krankenständen offenbar eine Reihe von Gesetzen verletzt. Jetzt geht es um die Frage, wer da eingeweiht war.

Bures weiß von nichts

Bures meinte jedenfalls, sie habe von den Vorgängen, die „menschlich und rechtlich nicht in Ordnung“ seien, „natürlich nichts gewusst“. Auch ÖBB-Holding-Chef Peter Klugar will davon „nichts gewusst“ haben. Dem widerspricht freilich Nigl vehement: Das Management habe Kenntnis über die „Aktivitäten gegen den Missbrauch von Krankenständen“ gehabt, auch die Belegschaftsvertretung sei eingeweiht gewesen.

Der Obmann der ARGE Daten, Hans Zeger, sagte am Donnerstag, er gehe davon aus, dass Management, Betriebsrat und Betriebsärzte eingebunden gewesen seien. Das Vorgehen sei auch mit Sicherheit „politisch sanktioniert“ gewesen. Jedes Management und auch jeder Aufsichtsrat sichere ein solches Vorgehen beim Eigentümer ab, weshalb das Infrastrukturministerium die Datensammlung „mit absoluter Sicherheit gebilligt“ habe.

("Die Presse" Printausgabe vom 18. September 2009)

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