Virtuelles Kraftwerk: Gemeinsam statt einsam

SALZBURG AG:  NEUER VORSTAND SCHITTER
SALZBURG AG: NEUER VORSTAND SCHITTER(c) APA/BARBARA GINDL
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Mit dem Verkauf von Strom ist kaum mehr Geld zu verdienen. Die Salzburg AG bietet kleinen Kraftwerken eine Lösung an, um ihr Portfolio zu erweitern.

Salzburg. Der Blick auf die Notierungen der Strombörsen löst bei Eigentümern heimischer Elektrizitätswerke schon lang keine Freude mehr aus. Rund um 25 Euro die Megawattstunde pendelt zur Zeit der Preis für sogenannten Base-Strom. Das ist weniger als die Hälfte jenes Wertes, den Stromerzeuger noch vor fünf Jahren erzielen konnten. Eine Entwicklung, die die Großen der Branche zu hohen Abschreibungen auf ehemals um teures Geld gebaute Kraftwerke zwingt und zu fallenden Börsenkursen führt.

Betroffen sind von den gefallenen Preisen aber auch die vielen kleinen österreichischen Kraftwerksbetreiber, die an Nebenflüssen einzelne Generatoren mit einer Leistung von nur wenigen Megawatt betreiben. Diese Betreiber verfügen in der Regel auch nicht über ein eigenes Versorgungsnetz, sondern leben von der Einspeisung ihres Stroms in die Leitungen des regionalen Netzbetreibers. Und sie konnten den fallenden Preisen bisher nur zusehen. Denn von den Alternativstrategien der Großen – etwa den Gang auf den wesentlich lukrativeren Markt für Regelenergie – waren sie bisher ausgeschlossen.

Mehrere Kleine zusammen

„Diesen Kunden von uns wollten wir als regionaler Dienstleister einen Mehrwert bieten“, sagt Leonhard Schitter, Chef des Salzburger Landesenergieversorgers Salzburg AG. Daher startete das Unternehmen im Vorjahr das Projekt „Virtuelles Kraftwerk“. Dabei werden kleine Kraftwerksbetreiber virtuell zu einem großen Kraftwerk zusammengeschlossen und können so gemeinsam auch auf jenen Strommärkten auftreten, die ihnen bisher verschlossen waren.

Ähnliche Projekte gibt es zwar schon seit einigen Jahren etwa beim Verbund oder auch der Wien Energie. Hierbei ist die Zielrichtung in der Regel jedoch, Industriebetriebe zu finden, die bei Bedarf ihren Stromverbrauch senken können. Die Salzburg AG hingegen setzt auf Kleinkraftwerke, die bei Bedarf mehr Strom in das Netz einspeisen können.

(c) Die Presse

Beides wird auf dem sogenannten Markt für Regelenergie gebraucht. Hintergrund dafür ist der massive Ökostromausbau in den vergangenen Jahren – vor allem in Deutschland. Aufgrund der Volatilität des Ökostroms, der ja von Wind und Sonne abhängig ist, kann es im Netz zu großen Schwankungen kommen, die die Stabilität gefährden. Und diese Schwankungen werden mittels zusätzlicher Einspeisung oder Reduktion des Verbrauchs ausgeglichen.

Für die Kraftwerksbetreiber ein lukratives Geschäft. Denn statt 25 Euro erhalten sie in der Regel „zwischen 60 und 80 Euro je Megawattstunde“, so Schitter. Mehr als 20 Kraftwerke hätten das Angebot der Salzburg AG bereits angenommen. Dabei handelt es sich nicht nur um Wasserkraftwerke. Auch Blockheizkraftwerke oder unter Umständen selbst Wind- und Solarkraftwerke können bei dem Virtuellen Kraftwerk mitmachen. „Sie können ihre Erlöse damit um zehn bis 20 Prozent pro Jahr steigern“, sagt Schitter.

Aus Strom wird heißes Wasser

Der Fokus für das Projekt liegt bislang auf Salzburg. Allerdings will die Salzburg AG auch Kleinkraftwerke in anderen Bundesländern ansprechen. Das Ganze sei einerseits eine Maßnahme zur Kundenbindung, so Schitter. Die Kraftwerksbetreiber würden sehen, dass sich die Salzburg AG sowohl technisch als auch wirtschaftlich um sie kümmert. „Aber natürlich verdienen wir selbst auch Geld damit.“

Da der Markt mit der Regelenergie deutlich höhere Erlöse verspricht, ist das 2000-Mitarbeiter-Unternehmen natürlich auch selbst aktiv darauf vertreten. Dafür baute man 2015 sogar die erste Elektroden-Power-to-heat-Anlage in Österreich.

Heuer im Februar kam bereits eine zweite hinzu. Mit diesen beiden Anlagen kann mit einer Leistung von 30 Megawatt aus Strom Heißwasser erzeugt werden, das dann in das Salzburger Fernwärmenetz eingespeist wird. In Betrieb gehen die Anlagen dann, wenn zu viel Strom im Netz ist. Für die – meist deutschen – Netzbetreiber ist es in solchen Fällen günstiger, für die Abnahme von Strom zu bezahlen als Kraftwerke vom Netz zu nehmen.

„Wir bekommen dafür bezahlt, dass wir Strom verbrauchen“, so Schitter über das für ihn positive Geschäft. Die Preise können hierbei zum Teil über 100 Euro die Megawattstunde liegen. Die Amortisationszeit der neu gebauten Anlagen liege daher auch nur bei einigen Jahren, erwartet Schitter. Allerdings hatte man auch optimale Voraussetzungen, da es bei bestehenden kalorischen Kraftwerken des Unternehmens bereits Wärmespeicher gab, in denen das heiße Wasser aufbewahrt werden kann.

Da sich die Energiebranche zur Zeit massiv wandle, müssten sich auch die Unternehmen verändern, ist Schitter überzeugt. Zusätzliche Dienstleistungen und neue, alternative Geschäftskonzepte seien daher auf jeden Fall notwendig. Und das beträfe schon lang nicht mehr nur die großen börsenotierten Spieler auf dem Energiesektor, sondern eben auch regionale Versorger wie die Salzburg AG bis hin zu den Betreibern von kleinen Generatoren an Nebenflüssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2016)

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