Worin Österreich fast Weltspitze ist

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Im Wettbewerbsranking des Weltwirtschaftsforums hat sich Österreich um vier Plätze auf Rang 19 verbessert. Weltweit besorgniserregend ist der Rückgang des Freihandels.

Wien. Man muss nicht besser werden, um sich zu verbessern. Österreich hat heuer für das Ranking der Wettbewerbsfähigkeit des Weltwirtschaftsforums (WEF) die gleiche Punktezahl erzielt wie fast immer in den vergangenen fünf Jahren. Aber weil andere Länder aufholten, fiel Österreich im Ranking zwei Jahre lang zurück. Nun geht es wieder aufwärts: um vier Plätze auf Rang 19 von 138 Staaten. Den Spitzenplatz hat die Schweiz seit sieben Jahren gepachtet, dahinter folgen Singapur und die USA. Die Niederlande verdrängen Deutschland vom vierten Platz. Die westlichen Industriestaaten stellen sieben der Top Ten. Auffallend ist, dass die Schwellenländer stagnieren oder zurückfallen. Mit einer Ausnahme: Indien schießt um 16 Plätze in die Höhe, auf Rang 39.

Der erfreuliche Aufstieg Österreichs lenkt den Blick auf besondere Stärken, die sich aus Statistiken ergeben und die Führungskräfte in den Befragungen hervorheben. In immerhin 17 Detailpunkten schafft das Land es in die Top Ten, gehäuft beim Thema „Ausgereifte Geschäftsprozesse“: Es gibt viele exzellente Zulieferer im Land. Produziert wird auf technisch sehr hohem Niveau. Die Produktvorteile liegen in der Qualität, nicht im Preis, was den Vorsprung nachhaltiger macht. Zudem sind die Unternehmen – zumindest in ihrer Selbsteinschätzung – hoch innovativ. Sie loben aber auch die öffentliche Infrastruktur, vor allem die Qualität der Straßen. Bei der Bildung heben sie das Kursangebot als besonders positiv hervor. Sehr durchmischt sind die Ergebnisse zum Arbeitsmarkt: Die befragten Manager würdigen die Sozialpartnerschaft und die niedrigen Kosten bei Kündigungen. Im Gegensatz dazu stehen extrem schlechte Bewertungen. Unbestritten bietet die außergewöhnlich hohe steuerliche Belastung von Arbeit viel zu wenige Anreize, Jobs zu schaffen oder anzunehmen. Bei der Flexibilität der Lohnfindung aber zweifelt Michael Peneder, Projektleiter beim Kooperationspartner Wifo, an der Aussagekraft. Die gestellte Frage lautet nämlich: Wie zentral oder dezentral werden Löhne festgelegt? Wegen der hierzulande fast vollständigen Abdeckung durch Kollektivverträge lautet die logische Antwort „sehr zentral“, was das WEF automatisch als negativ deutet – „und damit nicht berücksichtige, wie gut eingespielt das System in Österreich ist“, schränkt Peneder ein.

Miese Noten fürs Steuersystem

Einer Interpretation bedarf auch die miserable Einschätzung beim Kündigungsschutz. Eigentlich müssten die Manager goutieren, dass er gesetzlich weniger streng ist als in Frankreich oder Deutschland. Allerdings könnten sie die rigorose Haltung der Arbeitsgerichte als starken Bremsklotz empfinden. Erschreckend schlecht kommt einmal mehr das Steuersystem weg – sowohl objektiv (die Steuern sind als Anteil der Unternehmensgewinne vergleichsweise hoch) als auch in der subjektiven Einschätzung (es fehlt an steuerlichen Anreizen zu investieren). Das schränkt die „Effizienz der Gütermärkte“ ein, von denen es auch sehr Positives zur berichten gibt: starken Wettbewerb, hohe Kundenorientierung und im Schnitt sehr niedrige Zölle im Geschäft mit den wichtigsten Handelspartnern – vor allem dank EU-Mitgliedschaft.

Aus globaler Sicht haben solche Rankings freilich einen Nachteil: Wenn sich etwas überall verschlechtert, fällt es gar nicht auf, weil die Rangplätze gleich bleiben. Gesondert schlägt das Forum deshalb in Sachen Freihandel Alarm, wie schon davor der Internationale Währungsfonds und die Welthandelsorganisation WTO. Die Offenheit der Weltwirtschaft hat nämlich in den vergangenen zehn Jahren bedenklich abgenommen.

Protektionismus macht sich breit. Nicht offensichtlich durch Zölle oder Importverbote, sondern klammheimlich durch Normen oder Kennzeichnungsvorschriften. Freihandelsabkommen wie TTIP und Ceta sollten solchen Abschottungstendenzen entgegenwirken. Aber gegen sie wird massiv Stimmung gemacht. Durch die sinkende Offenheit sieht WEF-Chef Klaus Schwab Wachstum und Innovation weltweit gefährdet – „ein Risiko für den künftigen Wohlstand“. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2016)

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