Maschinensteuer träfe Firmen, die wenige Maschinen haben

(c) Bloomberg (Dario Pignatelli)
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Die Agenda Austria sieht Kleinfirmen als Verlierer der SPÖ-Idee. Kern erklärte im Juni beim Kärntner Landesparteitag, dass er sich diese Abgabe zusätzlich zur Lohnsteuer vorstelle.

Die Idee ist alt – erfuhr aber in den vergangenen Monaten neue Popularität: Die Wertschöpfungsabgabe, im Volksmund auch Maschinensteuer genannt. Der einstige SPÖ-Sozialminister Alfred Dallinger forderte sie in den 1980er-Jahren. Seitdem kommt das Thema alle paar Jahre aufs Tapet. Nun wird es von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) forciert. Kern erklärte im Juni beim Kärntner Landesparteitag, dass er sich diese Abgabe zusätzlich zur Lohnsteuer vorstelle.

Hintergrund der Wertschöpfungsabgabe ist der Wandel in der Arbeitswelt: die Annahme, dass Unternehmen Menschen zunehmend durch Maschinen ersetzen. Die Folge ist eine niedrigere Lohnquote, was die Finanzierung der Sozialversicherung erschwert. Dass die Digitalisierung Jobs frisst, ist unbestritten – offen ist, wie viele: Laut der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden in den nächsten 20 Jahren zehn Prozent der Arbeitsplätze durch Maschinen ersetzt. Laut einer Oxford-Studie sogar 47 Prozent. Dass es angesichts dieser Entwicklungen neue Quellen zur Finanzierung des Sozialstaats braucht, darüber herrscht weitgehende Einigkeit.

Also eine Wertschöpfungsabgabe, wie sie die SPÖ will? Mit einer Maschinensteuer hätte das jedenfalls recht wenig zu tun, befindet Monika Köppl-Turyna von der Denkfabrik Agenda Austria. Sie hat das Konzept der SPÖ, das erst teilweise bekannt ist („Die Presse“ hat berichtet) auf seine Auswirkungen untersucht. Ihr Fazit: „Die Steuer würde genau jene Unternehmen treffen, die wenige Maschinen haben“, sagt die Ökonomin.

Investitionen werden teurer

Die Basis für die neue Abgabe wäre, so das SPÖ-Konzept, die Nettowertschöpfung. Das ist die Lohnsumme eines Betriebs plus seine Gewinne. Die Nettowertschöpfung soll mit drei Prozent Wertschöpfungsabgabe belastet werden. Da hierbei jedoch der operative Gewinn auf die Lohnsumme aufgeschlagen werden soll, würden somit künftig auch die Zinsen für Fremdkapital besteuert. Unternehmen, die höhere Schulden haben – die sie etwa für Investitionen benötigen –, würden somit stärker zur Kasse gebeten. Als Folge würden Investitionen teurer.

Derzeit zahlen Unternehmen 4,5 Prozent ihrer Lohnsumme in den Familienlastenausgleichsfonds (Flaf) ein, aus dem etwa die Kinderbeihilfe ausbezahlt wird. Das SPÖ-Konzept sieht vor, dass dieser Beitrag um ein Drittel sinkt. Dieser Einnahmenausfall soll durch die Wertschöpfungsabgabe zumindest ausgeglichen werden.

Die Konsequenz einer solchen Abgabe wäre, dass Arbeit billiger wird – weil die direkten Abgaben auf die Lohnsumme sinken. Das könnte die Beschäftigung erhöhen, so Köppl-Turyna. Die Gefahr sei aber, dass aufgrund des teureren Kapitals die Investitionen zurückgehen. Dann würde längerfristig auch die Beschäftigung sinken. „Ich vermute, dass die Auswirkung auf den Arbeitsmarkt negativ wäre.“

Verlierer der Wertschöpfungsabgabe wären Freiberufler wie Anwälte und Unternehmensberater, die Immobilienbranche sowie Banken und Versicherungen. Betroffen seien also keine „Hallen von Robotern“, so Köppl-Turyna. Das zeige, dass die Auswirkungen der Wertschöpfungsabgabe nichts mit dem Ausmaß an Automatisierung zu tun haben. In der Industrie müssten vor allem der Bergbau und die Energieversorger mehr berappen. Hersteller von Waren und der Bausektor würden sogar etwas entlastet. Jene Produktionsbetriebe also, an die im Zusammenhang mit der Maschinensteuer gedacht werde.

„Wenig mit Maschinen zu tun“

Am stärksten belastet würden außerdem nicht große Betriebe, sondern kleine – Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern, die aber pro Kopf hohe Gewinne verbuchen. Auch, weil kleine Firmen oft stärker auf Fremdkapital angewiesen seien. Kleine Immobilien- oder Versicherungsunternehmen müssten mehr als doppelt so viel bezahlen wie sie jetzt an den Familienlastenausgleichsfonds entrichten. (bin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2016)

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