Der steirische Profiteur von Airline-Krisen

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Der steirische Zulieferer Ames hat sich auf das Umrüsten von Flugzeugkabinen spezialisiert. Ein wachsender Markt – auch durch Krisen wie jener bei Air Berlin.

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Peggau/Wien. Ames arbeitet im Verborgenen. Zumindest bliebt die Arbeit für die meisten unerkannt – oder, man muss sich schon gut mit Flugzeugen und ihrer Ausstattung auskennen, um sie zu sehen: „Wenn Sie zum Beispiel bei Eurowings in der Kabine die leuchtenden Schilder der ,Best‘-Premiumsitze sehen, wissen Sie, das ist alles von uns, das ist aus der Steiermark“, sagt Walter Starzacher, Gründer und Chef des Luftfahrtzulieferers. Wie bei Eurowings hat Ames (der Name steht übrigens für Aerospace and Mechanical Engineering Services) Hunderte Flugzeuge ausgestattet, vor Kurzem wurde in der Zentrale in Peggau das 1000. Projekt seit 2006, der Auftrag zur Ausrüstung von A330-Flugzeugen der Sri Lankan Airlines, gefeiert. Das Geschäft läuft gut, wie Starzacher sagt, schließlich profitiert Ames auch von den Krisen in der Luftfahrtbranche. Wenn, wie aktuell bei Air Berlin, die einen Teil der Flotte an die Lufthansa übergibt, Flugzeuge die Airline wechseln, werden diese an die jeweilige neue Marke, unter der sie fliegen, angepasst – das heißt auch, dass der komplette Innenraum erneuert wird.

Ames hat sich auf diesen „Retrofit“-Markt spezialisiert. Das heißt, immer wenn Flugzeuge innen neu ausgerüstet werden, wenn Sitze, Stauschränke, Teppiche, Belichtungssysteme oder das In-flight-Entertainment-System erneuert wird, dann gehen diese Aufträge dafür von den Airlines an Zulieferer wie Ames.

Preisdruck? Ja, aber nicht hier

Aktuell wächst dieser Markt – das Geschäft mit dem Innenraum von Flugzeugen beläuft sich, so die Information von Ames, weltweit auf 16 Mrd. Euro, bei einer jährlichen Wachstumsrate von acht Prozent. Mit ein Grund dafür: Während das Innenleben von Flugzeugen früher alle zehn Jahre runderneuert wurde, geschieht das heute häufiger, etwa alle vier bis fünf Jahre. „Der Kunde unterscheidet, neben dem Preis, anhand der Kabine, anhand von Service, Ausstattung oder Unterhaltungssystem“, so Starzacher. Bis zu sieben Mal werde die Kabine heute im Leben eines Flugzeugs komplett erneuert. Das lassen sich Airlines einiges kosten: Langstrecken-Flieger werden um fünf bis sechs Millionen Dollar komplett renoviert – dafür schaut ein 20 Jahre altes Flugzeug für Passagiere aus wie nagelneu.

Ames hat sich auf diesem Markt mittlerweile als „One Stop Shop“ etabliert – die Steirer bieten quasi alles aus einer Hand an. Und da sei dann auch der Preisdruck in der Branche nicht so dramatisch: „Auf dem Nachrüst-Markt ist der Druck nicht so groß, da geht es eher um die Lieferzeit, schließlich ist die Standzeit – bei einem neuen A320 sind das 400- bis 500.000 Dollar an Leasingrate pro Monat – mit das Teuerste daran“, so Starzacher.

Kleinigkeiten wie ein neuer Teppich werden in wenigen Tagen erledigt, das komplette Neu-Ausrüsten kann vier bis sechs Wochen dauern. Der Umbau wird dabei weltweit von Wartungsbetrieben durchgeführt, unterstützt von Ames-Mitarbeitern, die zumindest beim ersten Flugzeug dabei sind.

Von rund 50 Ames-Mitarbeitern sitzen gut 30 in Peggau, 15 in Neusiedl, vier in Dublin (dort sind schließlich fast alle Flugzeug-Leasingfirmen), einen Vertriebsmitarbeiter gibt es in Oakland, in Singapur soll bald jemand eingestellt werden, schließlich wächst gerade der asiatische Markt schnell.

Netz von Oakland bis Singapur

Walter Starzacher selbst hat sich 2004 mit einem Entwicklungsbüro selbstständig gemacht, 2005 hat er beschlossen, einen Entwicklungsbetrieb aufzubauen, 2006 hat er die Zulassung der europäischen Flugsicherheitsbehörde Easa erhalten, die Ames berechtigt, Veränderungen an Flugzeugen vorzunehmen. Starzacher, der 1987 als Luftfahrtingenieur bei der Lauda Air begonnen hat, dort später Engineering-Leiter war, sagt, er habe sich selbstständig gemacht, „um das Umfeld zu schaffen, das ich mir vorstelle“.

Mittlerweile ist daraus ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz von elf Millionen Euro (2015) geworden, 80 bis 90 Prozent der Wertschöpfung davon, so Starzacher, blieben in Österreich. Hier sitzt vor allem die Entwicklungsabteilung: 90 Prozent der Mitarbeiter hätten mindestens HTL-Abschluss, Ames sei der größte Arbeitgeber für Absolventen der FH Aviation in Graz. Und mittlerweile fliegen Airlines wie Austrian, Condor, die brasilianische Azul, die Iceland Air oder die sibirische S7 mit Ausstattung aus der Steiermark – auch, wenn man als Passagier genau schauen muss, um das zu erkennen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2016)

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