Europa driftet wirtschaftlich auseinander

Euro-Banknoten liegen am Montag, 22. Juni 2009, in einem Kreditinstitut in Dresden auf einem Arbeitst
Euro-Banknoten liegen am Montag, 22. Juni 2009, in einem Kreditinstitut in Dresden auf einem Arbeitst(c) AP (Matthias Rietschel)
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In den zehn Jahren seit der Euro-Einführung profitierten ehemalige Hartwährungsländer wie Österreich stärker als jene, die mit Abwertungen "schummelten". Doch der schwache Dollar nagt an der Wettbewerbsfähigkeit der EU.

Der Euro sorgte in den Ländern, die ihn bisher eingeführt haben, für mehr Fairness. Denn jenen Nationen, die ihre mangelnde Wettbewerbsfähigkeit davor durch Währungsabwertungen milderten, wurde dieses Instrument genommen. Der aktuelle "Policy Brief" des FIW (Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft) zeigt: In den ehemaligen "Hartwährungsländern" wie Deutschland und Österreich sanken die relativen Lohnstückkosten, während sie in den früheren "Weichwährungsländern" wie Italien deutlich stiegen.

Relative Lohnstückkosten

Relative Lohnstückkosten werden so berechnet: Entwicklung der Pro Kopf-Löhne durch Entwicklung der Arbeitsproduktivität.
Wobei im Zähler die Lohnsumme durch Beschäftigte und im Nenner das Reale Bip dividiert durch die Beschäftigten steht.

Europa driftet auseinander

Jene Länder, die der EU erst in den vergangenen zehn Jahren beitraten, stehen daher vor einem Problem. Sie haben eine reale Aufwertung erfahren. Am geringsten war dieser Effekt noch in Polen mit elf Prozent seit 1999, besonders stark aber zum Beispiel in Rumänien (+82 Prozent) oder Lettland (+79 Prozent).

Schwacher Dollar knabbert an Europa

Mit Ausnahme Deutschlands hat sich die relative Wettbewerbsposition des Euro-Raums seit dem Jahr 2002 kontinuierlich verschlechtert. Denn seit 1999 werten Japan und die USA ihre Währungen massiv ab. Der offensichtlichste Effek ist, dass europäische Waren in z.B. den USA teurer werden, während US-amerikanische Waren für Europa billiger werden.

Ein einfaches Beispiel:

Angenommen, der Wechselkurs Euro zu Dollar ist 1:1 und eine Ware kostet 1000 Euro bzw. Dollar. Wird der Dollar nun schwächer und der Wechselkurs ist 1:1,2 so bedeutet das folgendes: Wird die Ware in Europa hergestellt, so muss ein US-Importeur 1200 Dollar in 1000 Euro umwechseln, um sie in Europa zu kaufen. Umgekehrt muss bei einem Preis von 1000 Dollar ein europäischer Importeur nur 833,34 Euro in 1000 Dollar wechseln, um sie in den USA zu kaufen.

Der Policy Brief geht davon aus, dass die Wechselkursentwicklungen zu 46 Prozent schuld an den schlechten Leistungsbilanzsalden der EU-Staaten sind. 

Alte EU-Länder noch im Vorteil

Dennoch haben die alten EU-Länder noch einen kostenmäßigen Vorteil gegenüber den neuen Ländern. Der sogenannte "Balassa-Samuelson-Effekt" zeigt die positive Beziehung zwischen den relativen Preisen in einheitlicher Währung und dem BIP pro Kopf. Die Löhne und damit die Arbeitskosten sind in den neuen Ländern zwar noch deutlich unter jenen in den alten Ländern. Durch die ständige reale Aufwertung und dem niedrigen BIP pro Kopf wird es allerdings noch Jahre dauern, bis die neuen Länder das Niveau der alten erreicht haben. Bis dahin haben die alten Länder auch einen Vorteil durch ihr hohes Preisniveau. Und so lange wird der kostenmäßige Wettbewerbsvorsprung (in absoluten Größen) der alten EU-Mitgliedsstaaten aufrecht bleiben.

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