Ohne neue Ideen stirbt die Old Economy

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FILES-US-STOCKS-MARKETS-OPEN(c) APA/AFP/GABRIELLE LURIE
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VW führt das Ranking der 1000 forschungsintensivsten Konzerne weltweit an – aber immer mehr Geld fließt in digitale Services und Software. Giganten wie Apple und Google gelten daher schon jetzt als Innovationskaiser.

Wien. Ein weltweit von coolen Produkten wie dem Smartphone gehyptes Image lässt sich nicht so leicht zerstören. Auch wenn der Umsatz- und vor allem der Gewinneinbruch im dritten Quartal (von 11,12 auf 9,01 Mrd. Dollar) bei Apple die Alarmglocken schrillen lassen sollte: Der US-Gigant gilt in den Augen der Topmanager der weltweit 1000 forschungsstärksten börsenotierten Konzerne für am innovativsten. Dahinter liegen mit Google (Alphabet), 3M, Tesla und Amazon weitere US-Schwergewichte, erst auf Platz sechs folgt mit Samsung ein nicht amerikanisches Unternehmen. Samsung hat nach dem Desaster mit dem Galaxy Note 7 auch kräftige Kratzer abbekommen. Aber, wie gesagt, der Eindruck zählt bei der Befragung des Beratungsunternehmens Strategy& (ein Teil von PWC).

Ganz anders fällt das Ranking der nun zum zwölften Mal vorgelegten Studie zu globalen F&E-Trends aus, wenn es um Zahlen geht. Da ist Volkswagen mit Ausgaben von 13,2 Mrd. Dollar Forschungsweltmeister. Ob ein Teil des Geldes auch in jene Software floss, mit der die Abgasemissionen von Dieselautos manipuliert wurden, sei dahingestellt. Der Skandal kostet den deutschen Autobauer jedenfalls mehr als das gesamte Forschungsbudget: Ein US-Richter hat am Dienstag seine endgültige Zustimmung zu einem Vergleich von VW mit Autokunden und Behörden gegeben. Der Deal kostet 14,7 Mrd. Dollar (13,5 Mrd. Euro) – das ist weltweit der teuerste Kompromiss, den jemals ein Autobauer mit Behörden schließen musste. Nimmt man noch Zahlungen an Händler, Staaten und Rechtsvertreter dazu, könnten die Ausgaben auf 16,5 Mrd. Euro steigen.

Zurück zur Studie: Wie VW konnte Samsung den zweiten Platz mit Forschungsausgaben von 12,7 Mrd. Dollar verteidigen. Dahinter liegen mit Amazon, Google, Intel und Microsoft Größen aus der IT- und Software-Branche. Apple liegt im Zahlenranking erst auf Rang elf. Und das erste chinesische Unternehmen, Alibaba, landete auf Rang 61.

Generell stagnieren die Forschungsbudgets mit 680 Mrd. Dollar gegenüber dem Vorjahr, seit 2005 sind sie aber um 70 Prozent gewachsen. Gemessen am Umsatz stiegen die Aufwendungen heuer auf ein Allzeithoch von 4,2 Prozent – allerdings nur deshalb, weil die Umsätze der Unternehmen sinken.

Fast zwei Drittel der Aufwendungen entfallen auf die Branchen IT und Elektronik, Pharma sowie Auto. „Noch“, sagt Harald Dutzler von Strategy& in Österreich, „denn wir werden in vier bis fünf Jahren gravierende Änderungen auch in Geschäftsmodellen sehen – da sind neues Denken und neue Ideen erforderlich.“ Unternehmen der Old Economy, wie es auch Autokonzerne sind, könnten nur wettbewerbsfähig sein und damit überleben, wenn sie sich rasch auf die Veränderungen auf dem Markt einstellen und sich klarmachen, wo ihre Kernkompetenzen liegen, betont Dutzler. Wobei, wie das Beispiel Yahoo zeigt, diese Umbrüche auch die IT-Branche treffen können.

Schon jetzt zeichnet sich bei F&E ein deutlicher Trend ab: Immer mehr Geld fließt weg von der Produktentwicklung hin zu digitalen Services und Software. Während 2010 noch 46 Prozent des weltweiten F&E-Volumens in Produkte flossen, werden es 2020 nur mehr 37 Prozent sein, prognostizieren die Experten von Strategy&. Ein weiteres Ergebnis: Unternehmen, die viel in Software investieren, zeigen ein um rund 25 Prozent höheres Umsatzwachstum.

Österreicher verlieren Plätze

Und wo liegen die österreichischen Unternehmen? Mit der Voestalpine, dem Halbleiterhersteller AMS, Andritz und Zumtobel haben es dieselben vier Firmen wieder unter die Top 1000 geschafft. Aber sie haben – bis auf den Anlagenbauer Andritz – Plätze eingebüßt, weil sie ihre F&E-Ausgaben verringert haben: Die Voest liegt nun auf Platz 689 (618), Andritz auf Platz 804 (832), AMS auf Platz 948 (906) und Zumtobel auf Rang 955 (936). Im internationalen Vergleich nehmen sich ihre Forschungsetats von 100 bis 150 Mio. Dollar bescheiden aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2016)

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