Ceta auf Schiene: Belgische Regierung einigt sich mit Regionen

Begliens Außenminister Didier Reynders
Begliens Außenminister Didier ReyndersREUTERS
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Nach langen Verhandlungen einigt sich Brüssel mit den Regionalregierungen. Die Totalblamage sei abgewendet, schreibt Österreichs Wirtschaftskammer. Kanada tritt aber auf die Euphoriebremse.

Und nun scheint es doch zu klappen: Im Ringen um das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada hat die Regierung in Brüssel einen Kompromiss mit den Regionen gefunden. Die Spitzen der belgischen Regionen und Sprachgruppen hätten sich auf einen gemeinsamen Text verständigt, sagte Belgiens Ministerpräsident Charles Michel. Die Einigung trage ihren Bedenken gegen die Schutzklauseln für Investoren und ihren Befürchtungen über Nachteile für ihre Landwirte Rechnung.

Die in Brüssel erzielte Einigung werde nun an die Europäische Union sowie an die verschiedenen Parlamente in Belgien gesandt, sagte Michel weiter. Die Volksvertretungen würden "vor Freitag Mitternacht" darüber abstimmen, kündigte er an.

Dieser Text muss auch noch den anderen 27 EU-Ländern vorgelegt und von ihnen abgesegnet werden. Erst dann wäre der Weg frei für eine Unterzeichnung des Abkommens.

Alle 28 EU-Staaten müssen unterzeichnen

Welche zusätzlichen Garantien die belgischen Regionen nun im Einzelnen zum Einlenken brachten, blieb zunächst unklar. Druck auf die Verhandlungsparteien hatten auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten bei ihrem Herbstgipfel vergangene Woche in Brüssel ausgeübt. Mehrere Staats- und Regierungschefs äußerten tiefe Besorgnis über das mögliche Scheitern des Abkommens.

Denn ohne das Einverständnis der 3,6 Millionen Einwohner zählenden Wallonie hätte die belgische Regierung die Unterzeichnung des Abkommens verweigern müssen, was letztlich das Aus für Ceta hätte bedeuten können.

In der Nacht hatte der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau seinen Flug nach Brüssel zu dem am Donnerstag geplanten EU-Kanada-Gipfel abgesagt. Bei dem Treffen sollte der Ceta-Vertrag unterzeichnet werden. Die kanadische Regierung sieht auch nach der innerbelgischen Einigung noch nicht alle Hürden für das Handelsabkommen Ceta beseitigt. Die Regierung in Ottawa sprach am Donnerstag von einer positiven Entwicklung, fügte aber hinzu, es bleibe noch einiges zu tun bis zum Abschluss des Ceta -Abkommens.

"Wir haben eine fortschrittliche Vereinbarung ausgehandelt, die neue Arbeitsplätze und Wachstum für die Mittelklasse schaffen wird", sagte eine Sprecherin von Handelsministerin Chrystia Freeland. "Kanada bleibt nach wie vor bereit, das Abkommen zu unterzeichnen, sobald Europa dazu in der Lage ist." Ähnlich äußerte sich Kanadas Außenminister Stephane Dion, der die Aussichten auf einen Ceta-Abschluss nach der Einigung in Belgien mit vorsichtigem Optimismus beurteilte.

Die innerbelgische Einigung sei "eine gute Nachricht für Europa und eine gute Nachricht für die Exportnation Österreich", schrieb WKÖ-Vizepräsident Jürgen Roth. Nun müsse das Abkommen "unbedingt wie geplant mit Anfang 2017 vorläufig, also ohne Investitionsschutz, in Kraft gesetzt werden. Die EU habe "eine Totalblamage gerade noch einmal abgewendet".

Kanada "europäischstes Land außerhalb Europas"

Der Einigung waren tagelange Krisenverhandlungen zwischen der belgischen Regierung, Vertretern der Region Wallonie und der EU-Kommission sowie Kanadas vorausgegangen. Die Regionalvertreter hatten ein Veto eingelegt, weil sie wie andere Ceta-Kritiker Gefahren etwa für Sozial- und Umweltstandards und die Landwirtschaft sahen.

Die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten widersprechen solcher Kritik vehement. Sie betonen, dass die europäischen Standards in Bereichen wie Lebensmittelsicherheit und Arbeitnehmerrechte uneingeschränkt gewahrt werden. Das Abkommen stellt aus ihrer Sicht auch sicher, dass die wirtschaftlichen Vorteile nicht auf Kosten der Demokratie gehen.

EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte noch am Mittwoch vor dem Straßburger Europaparlament für den Fall des Scheiterns vor negativen Folgen für die Position Europas in der Welt gewarnt. Kanada sei schließlich "das europäischste Land außerhalb Europas und ein enger Freund und Verbündeter".

(APA/Reuters/AFP)

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