Wenn finanzielle Fehlentscheidungen wehtun

ERSTE GROUP ER�FFNUNG - ´FINANCIAL LIFE PARK - FLIP´:
ERSTE GROUP ER�FFNUNG - ´FINANCIAL LIFE PARK - FLIP´:(c) APA/HANS PUNZ
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Die Erste Group hat auf ihrem neuen Campus beim Wiener Hauptbahnhof ein „Finanzzentrum“ eröffnet – mit einer ungewollten kalten Dusche für die Gäste. Dort können vor allem Schüler ihr Wissen über das Geldwesen aufpolieren.

Wien. „Bist du bereit, für Jeans, die verantwortungsvoll hergestellt wurden, mehr von deinem Taschengeld auszugeben?“ Oder: „Was machst du mit 10.000 Euro, die du gespart hast?“ Es sind Finanz-, aber auch Gewissensfragen, die Schülern gestellt werden, wenn sie in den Flip kommen. In den Flip? Das ist der Name eines – sagen wir – eines Treffpunkts, der mit dem Begriff „Geldmuseum“ nur unzureichend beschrieben wäre. Es ist ein Ort, der nicht nur etwas zeigt, sondern auch aktives Tun verlangt: Es geht ums Geld.

Dort, wo Wien sogar den Alteingesessenen oder gerade diesen (noch) unbekannt ist, nämlich in dem Stadtteil rund um den neuen Hauptbahnhof (das Viertel hat die vielversprechende Bezeichnung Quartier Belvedere) – ebendort auf dem Erste Campus, dem neuen Hauptquartier der Erste Group, können Interessierte erfahren, wie man so etwas wie ein Geldleben entwickelt.

Dafür hat der Erste Financial Life Park (Flip) auf 1500 Quadratmetern ein durchgestyltes (und barrierefreies) Geld- und Besucherzentrum geschaffen. Dieses nahm am 18. Mai einen Probebetrieb auf und wurde am Freitag eröffnet. Übrigens mit einem Hoppala: Die Konfettikanone hat die Sprinkleranlage ausgelöst – die Gäste erhielten kurz eine kalte Dusche. Finanzminister Hans Jörg Schelling nahm's mit Humor: Er meinte, der Financial Life Park sei nun auch getauft.

Angebot an Schüler

„Es waren schon rund 2000 Menschen bei uns“, erklärt Flip-Leiter Philip List. Da der Flip und dessen multimediale Möglichkeiten stark auf Informationstechnik basieren und große Rechenleistungen nötig sind, verwendete man die monatelange Vorlaufzeit, um das System möglichst störungsfrei aufzusetzen.

Das Angebot richtet sich vorwiegend an Schüler und ist prinzipiell für alle Schultypen gedacht. Das hat einen Grund: „Die Finanzausbildung an österreichischen Schulen ist eine Katastrophe“, konstatierte Erste-Boss Andreas Treichl bei der Eröffnung mit dem Nachsatz: Die Kombination Geografie und Wirtschaftskunde sei eine Beleidigung fürs Finanzwesen. Es gebe ja auch nicht „Leibesübungen und Atomphysik“ als Schulfach.

Besucher, die erfahren wollen, was im Umgang mit Geld gut oder schiefgehen kann, wie man ein Budget verwaltet oder wie sich Kaufverhalten im Kleinen auf den Welthandel auswirken kann, werden von den Guides in drei Gruppen eingeteilt und entsprechend bedient: In „Detektive“, das ist die Altersgruppe von 10 bis 14 Jahren, in „Entdecker“ (15–17) und in „Experten“ (ab 18 Jahre, also etwa Maturaklassen oder Studenten). Ja, auch Erwachsene sind eingeladen.

Im Eingangsbereich des Centers hat man noch am ehesten das Museumsgefühl, dort ist ein Teil der historischen bankeigenen Sparbüchsensammlung ausgestellt. Es sind auch mittelalterliche Zunftkassen dabei.

Danach bekommt jeder Besucher ein iPad mit einer elektronischen Geldbörse. Rollen werden verteilt, Teams gebildet, wobei jedem Mitglied ein monatliches Budget zugewiesen wird. Es geht darum, Ausgaben zu planen. Letztlich muss je ein Teammitglied auf dem Ergometer radeln, währenddessen muss das Team Fragen beantworten, bei unrichtigen Antworten wird der Widerstand des Ergometers stärker. So können finanzielle Fehlentscheidungen buchstäblich wehtun. Wie stark Preis und Wert auseinanderklaffen, wird in einem nachgebauten Tresorraum erläutert. In Schließfächern finden sich Gegenstände, die für den einen etwas bedeuten, für den anderen nicht.

Wer meint, die Erste nütze ihr „Geldmuseum“, um auch ihre eigenen Finanzprodukte anzupreisen, der irrt. Dies soll bewusst vermieden werden. Es soll schlicht um Bewusstseinsbildung in Sachen Finanzen gehen – die Inhalte werden von einem wissenschaftlichen Beirat kontrolliert. Schlussendlich haben Besucher vielleicht gelernt, dass schon einzelne Käufe weltweite Reaktionen auslösen können.

Da kommt wieder die Eingangsfrage mit den biologisch hergestellten Jeans ins Spiel. Nehmen wir an, die Schüler sind bereit, für ein sauberes Produkt mehr zu zahlen. Nicht immer ist gut gemeint auch für alle Beteiligten gut. Was ist, wenn der Jeansshop nun bei seinem Lieferanten mehr ordert – Letzterer daraufhin bei seinem Bio-Baumwollbauer mehr bestellt, der Bauer aber nicht genug Wasser für größere Plantagen hat – worauf sich der Lieferant kurzerhand einen anderen Bauern sucht? So viel vorweg: Im Wirtschaftsleben gibt es eben nicht immer ein Happy End.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2016)

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