Alpla: Arbeiter zum Selbermachen

Symbolbild.
Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Alpla exportiert Österreichs Lehrlingsausbildung in das mexikanische Hinterland. Das löst alte Probleme – und schafft neue.

Toluca. Wer keine guten Arbeitskräfte findet, der muss sie sich eben selber machen. Nach diesem Motto exportiert der österreichische Verpackungshersteller Alpla seit gut zwei Jahren die österreichische Lehrlingsausbildung auf eigene Faust nach Mexiko. Alpla, das ist einer jener Weltmarktführer aus Österreich, den hierzulande nur wenige beim Namen kennen. Dabei gibt es wohl kaum ein Unternehmen, mit dem wir öfter in Kontakt kommen. Egal, ob wir zum Cola oder zum Duschgel greifen, die Plastikhülle rundherum liefert zumeist Alpla – und erwirtschaftet damit einen Jahresumsatz jenseits der Drei-Milliarden-Euro-Grenze.

Hier in Toluca, eine gute Autostunde von Mexiko City entfernt, steht es um die Bekanntheit schon etwas besser. Schließlich erzeugt das Unternehmen in dieser Gegend seit fast 25 Jahren Plastikflaschen. Die Nachbarn heißen Unilever, Bayer, SC Johnson, Henkel oder Pfizer – und sind auch gleich die besten Kunden. Weltweit arbeiten 16.500 Menschen an 159 Standorten für Alpla. In Mexiko sind es 2300. Doch geeigneten Nachwuchs zu finden sei schwer, sagt Eva Bauer, die sich seit zehn Jahren für Alpla um Zentralamerika kümmert. Berufsschulen in Mexiko unterrichten nur die Theorie, also hat sich das Unternehmen entschlossen, die österreichische Lehrlingsausbildung in Eigenregie zu kopieren. In Mexiko ist das System noch nicht bekannt, entsprechend skeptisch waren manche Eltern anfangs. „Wir machen viel Werbung an den Schulen“, erklärt Bauer. Um die besten Kandidaten zu finden. Aber auch, um zu erklären, wer Alpla ist und worum es dem Unternehmen geht. Auch in Mexiko würden Junge lieber mit Mercedes-Stern als mit Alpla-Logo herumlaufen, so die Managerin.

Wer aber verstehe, was das Ticket für die dreijährige Ausbildung bedeutet, sei rasch begeistert. Die 15-Jährigen erhalten eine komplette Lehrausbildung zum Werkzeugmacher, Kunststofftechniker oder Mechatroniker, die auch in Österreich gültig ist. Statt einer Lehrlingsentschädigung bezahlt die mexikanische Regierung ihnen ein Stipendium.

Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. „Obwohl die Jugendlichen mit viel weniger Wissen aus der Schule kommen als in Österreich, sind sie nach der Lehre fast gleich schnell einsetzbar“, sagt Michael Bühler, Produktionsleiter in Toluca. Auch Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ), der das Unternehmen im Rahmen einer Wirtschaftsmission besucht hat, ist vom „Export des österreichischen Ausbildungssystems“ begeistert.

Viele heimische Unternehmen beobachten die Experimente von Alpla (in Mexiko und Schanghai) genau. Ihre Hauptsorge: Rechnen sich die hohen Kosten? Oder verschwinden die teuer ausgebildeten Mitarbeiter bei der ersten Gelegenheit zu einem Arbeitgeber mit klingenderem Namen? Nach zwei Jahren gibt Eva Bauer vorsichtig Entwarnung: „Noch ist uns niemand abgeworben worden“, sagt sie. Die Jugendlichen wüssten gut, was sie an Alpla hätten. Sorgen bereite ihr das Projekt dennoch. „Jetzt haben wir fertig ausgebildete Lehrlinge in Toluca, aber die Jobs sind nicht immer hier.“ Viele Mexikaner seien aber so stark mit ihrer Familie verwurzelt, dass ein Umzug zu einem der 22 anderen Alpla-Werke für sie nur schwer vorstellbar sei, sagt Bauer. „Wie bringe ich sie also dahin?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.