Tengelmann: Einigung noch nicht fix

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Der Kompromiss über die Aufteilung der maroden Handelskette könnte wackeln. Die Monopolkommission erwartet ein „hartes Kartellverfahren“.

Berlin/Mülheim/Hamburg. Noch am Montag hatte Altkanzler Gerhard Schröder im Tauziehen um die Zukunft der deutschen Handelskette Kaiser's Tengelmann von einem Durchbruch gesprochen. Die Schlichtung sei erfolgreich abgeschlossen worden, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. „Alle 15.000 Mitarbeiter können Weihnachten ohne Angst um ihren Arbeitsplatz feiern.“

Tags darauf stand die Einigung jedoch schon wieder infrage: Nach dem Kompromiss zwischen Rewe und Edeka über die Aufteilung der defizitären Supermarktkette rechnet die Monopolkommission mit einem harten Kartellverfahren.

Zulasten der Verbraucher?

„Wenn die führenden Unternehmen einen wesentlichen Teil des Supermarkt-Markts unter sich aufteilen, ist das eine Absprache, die den Wettbewerb zulasten der Verbraucher einschränken kann“, sagte deren Vorsitzender, Achim Wambach der „Rheinischen Post“. Das Kartellamt werde sich genau ansehen, ob es diese Absprache für zulässig hält. Dieses muss der Einigung noch zustimmen.

Medienberichten zufolge soll die Billa-Mutter Rewe knapp die Hälfte der 120 Berliner Kaiser's-Filialen übernehmen, insgesamt gut 50. Man habe sich auf einen Umsatz von etwas weniger als 300 Mio. Euro pro Jahr geeinigt, berichtete die „Bild“-Zeitung unter Verweis auf Verhandlerkreise.

Das entspräche knapp einem Fünftel des Gesamtumsatzes von Kaiser's Tengelmann. Anteilig solle sich Rewe im selben Umfang an den Restrukturierungskosten und Pensionsverpflichtungen für Dienste wie Verwaltung, Lager und Logistik beteiligen. Der Kaufpreis ergibt sich aus dem Gesamtpreis für Kaiser's Tengelmann, den ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer ermitteln soll.

Tengelmann-Geschäfte in Bayern sollen Insidern zufolge an Edeka gehen. Eigentlich wollte Tengelmann die Verluste schreibende Kette als Ganzes an Branchenprimus Edeka verkaufen. Das stieß aber bei Kartellamt und Edeka-Konkurrenten auf Widerstand. Gabriel überstimmte das Veto des Kartellamts mit einer Sondererlaubnis – die deutsche Rechtslage sieht diese Möglichkeit vor. Doch das Oberlandesgericht Düsseldorf legte die Ministererlaubnis auf Eis.

„Künftig weniger Anträge“

Wambach, der die Bundesregierung in Fragen der Wettbewerbspolitik berät, erwartet, dass die Ministererlaubnis künftig seltener genutzt wird: „Unternehmen werden es sich mehr denn je überlegen, ob sie eine Ministererlaubnis beantragen: Man steht über Monate im Licht der Öffentlichkeit, und die Erfolgsaussichten sind gering.“ Bisher hätten Firmen 22-mal eine Ministererlaubnis beantragt, in acht Fällen sei sie erteilt worden – fünfmal gegen den Rat der Monopolkommission.

Auch bei Kaiser's Tengelmann hält Wambach die Ministererlaubnis weiterhin für nicht gut für den Wettbewerb. (APA/Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2016)

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