Die Republik sucht nach einem neuen Headhunter

Nach nur einem Jahr sucht die Staatsholding Öbib einen neuen Headhunter für das Nominierungskomitee.
Nach nur einem Jahr sucht die Staatsholding Öbib einen neuen Headhunter für das Nominierungskomitee.(c) Gregor Schweinester/Oebib
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Die Suche nach Aufsichtsräten für Staatsbetriebe soll auf neue Beine gestellt werden. Bei der Frage nach dem Warum wird es schwierig.

Wien. Der Job eines Headhunters ist mitunter heikel. Vor allem dann, wenn Posten in Unternehmen zu besetzen sind, bei denen die heimische Politik gern ein Wörtchen mitreden möchte. Da reicht es nicht, nur die richtigen Köpfe für die Aufsichtsräte teilstaatlicher Betriebe zu finden. Die nicht selten umstrittenen Bestellungen sollen auch möglichst ohne große Wellen über die Bühne gehen.

Garant dafür ist die Verschwiegenheit des Headhunters. Je weniger Menschen frühzeitig wissen, wer für ein Aufsichtsratsmandat bei der OMV, Telekom oder Post infrage kommt, desto weniger politische oder mediale Störgeräusche muss er oder sie bis zum Amtsantritt noch überstehen. Ein Paradebeispiel aus der jüngeren Geschichte ist etwa die Bestellung von Peter Löscher zum Vorsitzenden des OMV-Aufsichtsrats. Keine Zeitung hatte von der Bestellung des Ex-Siemens-Chefs geahnt, bis sie offiziell wurde. Doch Stanton Chase, der verantwortliche Headhunter, steht nun selbst unter Druck.

„Aus formalen Gründen“

Wie „Die Presse“ erfahren hat, hat die Staatsholding Öbib bzw. deren Geschäftsführerin, Martha Oberndorfer, den Job Mitte Oktober neu ausgeschrieben. Wiewohl der Headhunter nicht für sie, sondern für das sogenannte Nominierungskomitee arbeiten soll. Das vierköpfige Gremium besteht aus je einem SPÖ- und einem ÖVP-Politiker sowie zwei Managern und entscheidet letztlich, wer in den Aufsichtsräten staatsnaher Unternehmen die Interessen der Republik und der Steuerzahler vertreten soll. Die möglichen Kandidaten liefert der Headhunter.

Dass dieser einflussreiche Job neu ausgeschrieben wird, ist nicht alltäglich. Lange Jahre galt Egon Zehnder als der Haus-und-Hof-Headhunter der Republik. Mit der Umwandlung der ehemaligen Staatsholding ÖIAG zur Öbib wurde Stanton Chase mit der Suche nach passenden Aufsichtsräten im Auftrag des Staates beauftragt.

Seither herrscht scheinbar allseits Zufriedenheit. Sämtliche Bestellungen seien hoch professionell abgelaufen, heißt es aus dem Umfeld des Nominierungskomitees. Man hätte sich schon von Beginn an gewünscht, dass Öbib-Chefin Oberndorfer nicht auf einen Einjahresvertrag bestanden hätte. Nun müsse eben neu gesucht werden. Große Lust auf einen Wechsel gebe es eigentlich nicht, heißt es im Umfeld der zuständigen Ministerien.

Warum sucht die Republik aber nach einem neuen Headhunter, wenn offenbar alle glücklich sind? Martha Oberndorfer selbst gibt sich auf Anfrage zugeknöpft: Die Bestellung eines Headhunters obliege grundsätzlich dem Nominierungskomitee, lässt sie ausrichten. Die Öbib übernehme nur die Abwicklung, und die Neuausschreibung sei „aus formalen Gründen“ notwendig geworden. Klingt einleuchtend. Es gibt aber auch Stimmen, die befürchten, die Öbib-Chefin hoffe, durch die Installation eines neuen Headhunters ihren eigenen Einfluss auszuweiten. Oberndorfer selbst wollte sich dazu nicht äußern.

Politik mit Vetorecht

Tatsache ist, dass alle Angebote der angeschriebenen Headhunter bis spätestens 14. November auf ihrem Schreibtisch landen werden. Beworben haben sich nach Informationen der „Presse“ nicht nur Stanton Chase, sondern auch Boyden, Deloitte, Spencer Stuart und Korn Ferry – jener Headhunter, der einst Martha Oberndorfer als Öbib-Chefin empfohlen hat. Die Entscheidung darüber, wer in Zukunft kräftigen Einfluss auf die Postenbesetzungen bei staatsnahen Unternehmen haben wird, liegt formal bei der Öbib. Sie werde selbstverständlich „in Abstimmung“ mit dem Nominierungskomitee erfolgen, versichert Oberndorfer.

Man kann es auch anders formulieren: Das Nominierungskomitee habe ein Vetorecht, erzählt ein Insider. Und es ist bereit, es im Zweifel auch zu nutzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2016)

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