Amsterdam, Frankfurt, Wien

Die „New York Times“ hat ein Ranking der möglichen neuen Finanzzentren erstellt: Amsterdam gewinnt, Wien landet auf Platz drei.

Wien. Die US-Großbank Citi hat mit dem Umzug schon begonnen. Sie will bis zu 900 Arbeitsplätze von London nach Dublin verlegen. Die Bank hat in Großbritannien 9000 Mitarbeiter. Dass die erste Tranche in Dublin landet, ist ein Hinweis darauf, wohin die Reise der Großbanken nach dem Brexit gehen könnte. Dublin gehört neben Paris und Frankfurt zu den logischen Kandidaten, sich als neues Finanzzentrum in Europa zu positionieren. Es gibt aber auch weitere Kandidaten – darunter Österreichs Hauptstadt.

Die „New York Times“ hat ein Ranking möglicher Kandidaten erstellt. Dabei wurden die Städte nach den Kriterien Transport, Bildung, Sprache, Immobilien, Kultur, Restaurants und Lebensqualität bewertet. Dublin landet mit 50 von 60 möglichen Punkten auf Platz vier. Das Unternehmensklima sei exzellent, so die „NYT“. Die irische Hauptstadt biete viele der Vorteile Londons, sei aber deutlich günstiger.

Dublins Nachteil seien seine Lage und der als schlecht bewertete Flughafen. Genau da kann Wien punkten: Die Lage im Herzen Europas ist unschlagbar. 73 Prozent der Bevölkerung sprechen fließend Englisch (behauptet zumindest die „New York Times“). Auch das Unternehmensklima sei gut. Die Lebensqualität ist dank der verschiedenen Ranking-Siege ohnehin legendär.

„Wie Paris hat Wien das Flair einer Weltstadt. Das war es auch, bis Österreich sein Kaiserreich verloren hat. Und das ist Teil des Problems, sagen Banker: Wien fühle sich an, als würde es seit hundert Jahren schlafen“, schreibt die US-Zeitung.

Besser als Wien schneiden bloß Frankfurt und Amsterdam ab. Allerdings: Die deutsche Bankenstadt gilt als langweilig und in Amsterdam gibt es strikte Limits, was die Höhe der kostbaren Banker-Boni betrifft. Dennoch sind beide Städte noch immer attraktiver als das überraschend hoch gereihte Wien. Amsterdam ist eine historische Handelsstadt und Frankfurt beherbergt immerhin die EZB und deutsche Großbanken.

Und die übrigen Städte? In Paris und Mailand spricht kaum jemand Englisch. Luxemburg ist winzig. Warschau bietet zu wenig Luxus. Und Barcelona eignet sich am besten für einen Urlaub, so die „NYT“. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2016)

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