„World Wealth Report“: Um zwei Drittel reicher als 2000

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Das Vermögen der Österreicher ist stark gestiegen. Aber seit der Krise flacht die Kurve ab – auch weltweit. Eine Folge: Vermögen sind ungleicher verteilt.

Wien. Die Zahl macht Eindruck: Seit der Jahrtausendwende hat sich das durchschnittliche Nettovermögen pro erwachsenem Österreicher mehr als verdoppelt, von rund 91.000 auf 206.000 Dollar. Die Zahlen stammen aus dem aktuellen „World Wealth Report“ der Credit Suisse, die zum leichteren Vergleich alles in Dollar ausweist. Gezählt werden Finanz- und Realvermögen (vor allem Immobilien) minus Schulden. Freilich ist die jeweilige Inflation nicht berücksichtigt. Rechnet man sie heraus, kommt man hierzulande immer noch auf einen Zuwachs von rund zwei Drittel. Wem die Zahl hoch erscheint: Vermögen sind stark bei jenen konzentriert, die schon einiges davon haben, und damit deutlich ungleicher verteilt als Einkommen. Das heißt: Der rechnerische Mittelwert gibt keine gute Vorstellung davon, wie hoch das Vermögen des typischen Österreichers ist. Das sagt der Median aus, und er liegt bei 52.500 Dollar (eine Hälfte der Erwachsenen hat ein höheres Vermögen, die andere ein niedrigeres). Auch dieser Wert ist seit 2000 ähnlich stark gestiegen, um 61 Prozent. Also alles gut?
Das weltweite Pro-Kopf-Vermögen in Dollar stagniert seit einem Jahr, was weniger gut klingt. Aber kurzfristige Entwicklungen sagen wenig aus. Sie hängen davon ab, welche Kapriolen die Aktienmärkte gerade schlagen, und im Report der Schweizer Großbank auch davon, wie sich die Währungen zum Dollar entwickeln. Zumindest ein extremer Rückfall ist heuer aber interessant: Die Briten haben wegen ihres Brexit-Votums um zehn Prozent eingebüßt, durch die Abwertung des Pfund und den Einbruch der Immobilienpreise. Relevanter sind aber die langfristigen Trends: Von 2000 bis 2007 stiegen die Vermögen kräftig. In den Schwellenländern von China bis Brasilien bekamen Hunderte Millionen Menschen erstmals die Möglichkeit, sich etwas anzusparen.

Auch die globale Vermögensungleichheit ging so ein wenig zurück: Gehörte dem reichsten Prozent der Erdenbürger zur Jahrtausendwende die Hälfte des Vermögens, waren es kurz vor der Krise 46 Prozent. Solche Trends sind aber offenbar nur möglich, wenn die Wirtschaft stark wächst. Seit der Krise flachen die Wachstumsraten ab. Zwar steigt das Pro-Kopf-Vermögen recht ordentlich weiter, wenn man in lokalen Währungen rechnet und die verzerrende Dollar-Betrachtung aufgibt (so ist es wohl richtiger: Wie wohlhabend man sich fühlt, hängt wenig davon ab, wie der Euro zum Dollar steht). Bedenklich ist aber, dass zugleich das globale Medianvermögen seit der Krise zurückgeht. Die weltweite Vermögensgleichheit ist also wieder gestiegen, auf das Niveau von 2000. Der Hauptgrund: Es kommen bei schwachem Wachstum nicht viele hinzu, die neu Vermögen aufbauen. Wo es aber schon da ist, wächst es weiter, weil etwa Aktienkurse längerfristig immer steigen.

Vertrackter Vergleich mit Schweizern

Und in Österreich? Hier liegt der Median etwas höher als vor der Krise. Weil die Studie ihn in Dollar misst, schwankt der Wert aber recht stark. Man sieht auch hier, dass sich die Zuwächse seit der Krise deutlich abschwächen. Und im Vergleich zu anderen Ländern? (siehe Grafik) Hier merkt man, dass Vermögenszahlen sich viel schwerer deuten lassen als Einkommen. Das Niveau pro Kopf hängt stark davon ab, ob die Mehrheit Wohnraum mietet oder kauft. Deutsche und Österreicher sind typische Mieter, ganz anders als Südeuropäer. Mit der Folge, dass Italiener, Spanier und sogar Griechen im Median mehr Vermögen haben als die Österreicher. Es ist aber zumindest fraglich, ob man sie deshalb als wohlhabender ansehen kann.
Noch in einem anderen Sinn vergleicht man beim Vermögen oft Äpfel und Birnen: Ansprüche an den Staat auf Pensionen und Gesundheitsleistungen sind nicht eingerechnet. In üppig ausgebauten Sozialstaaten drückt das die Pro-Kopf-Vermögen. Dass die Schweizer das Ranking mit einem solchen Vorsprung anführen, liegt an ihrer Sozialversicherung: Sie ist zwar verpflichtend, aber privat organisiert – weshalb die Ansprüche zum Vermögen zählen. Der durch die Zahlen erweckte Eindruck, der Median-Schweizer sei fast fünfmal so vermögend wie sein österreichischer Nachbar, ist also etwas trügerisch. Mehr sagt der Vergleich mit den USA aus. Das ist ein Land mit relativ schwach ausgebautem Sozialstaat und recht hohem Anteil an Wohneigentum. Ein sehr reiches Land mit hoher Ungleichheit: Beim Pro-Kopf-Vermögen liegt es an dritter Stelle. Das Medianeinkommen ist aber sogar deutlich niedriger als in Österreich. Zwar ist es auch in Amerika kräftig gestiegen, aber auch dort flachen die Zuwächse ab – auf relativ niedrigem Niveau. Was mit ein Grund für den Wahlerfolg von Donald Trump sein mag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)

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