Handel probt den schwarzen Freitag

Das Brauchtum des Streitens um Aktionsware gehört, wie auf dem Bild in London, zur Tradition des Black Friday dazu.
Das Brauchtum des Streitens um Aktionsware gehört, wie auf dem Bild in London, zur Tradition des Black Friday dazu. (c) REUTERS
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Das einst exotische Halloween ist längst Mainstream, nun könnte mit dem Black Friday ein weiteres US-Phänomen hierzulande den Sprung zur Alltagstauglichkeit schaffen.

Wien. „Das kommt alles aus Amerika.“ Es schwingt immer ein wenig pikierte Herablassung mit, wenn die Großelterngeneration kommentiert, welche „Mode“ da nun schon wieder nach Europa geschwappt ist. Die Elterngeneration nimmt die Tradition langsam auf. Den Kindern ist sie irgendwann selbstverständlich. So ist es unter anderem mit Halloween geschehen, das es innerhalb von etwa zwei Jahrzehnten vom exotischen Brauch zur selbstverständlichen Tradition geschafft hat. Und auch beim Black Friday deutet sich eine ähnliche Entwicklung an.

Gemeint ist der erste Freitag nach Thanksgiving – auch so eine Sache aus Amerika, die allerdings dank des heimischen Erntedankfests noch nicht den Sprung nach Europa geschafft hat. Und das findet immer am vierten Donnerstag im November statt – also ist heuer der 25. November der schwarze Freitag. Zelebriert wird er vor allem mit exzessivem Einkaufen. In den USA klar, nutzen doch viele den Fenstertag genau dazu – und starten so in die Weihnachtsshoppingsaison. Was die Geschäfte auch mit zum Teil sehr großzügigen Rabatten und Sonderangeboten noch zusätzlich befeuern.

Schwarz vom Geldzählen

Woher der Tag seinen Namen hat, darüber gibt es mehrere Theorien: Dass etwa die Menschenmassen in den Einkaufszentren wie eine schwarze Masse wirken. Dass Händler mit diesem Tag den Sprung in die schwarzen Zahlen schaffen. Oder aber, dass sie abends vom Geldzählen schwarze Hände haben. Im Zeitalter der Kartenzahlung ist das mittlerweile eher unwahrscheinlich, der kulturelle Hintergrund spielt aber ohnehin kaum eine Rolle. Was zählt, ist die Jagd nach günstigen Einkäufen.

Auf einen Kundenansturm hoffen nun auch Händler und Betreiber von Einkaufszentren, etwa die SCS oder das G3 in Gerasdorf. „Wir machen es heuer in ausgedehntem Stil zum ersten Mal“, sagt etwa Günther Meier, Center Manager des Gerngross auf der Mariahilfer Straße. Rabatte von bis zu 20 Prozent sollen ein Impuls für den Start des Weihnachtsgeschäfts sein. Was es bringt, werde man sehen. Und auch, ob es zu Tumulten wie in den USA kommt – dort gibt es immer wieder Konflikte zwischen Kunden, die um Angebote streiten. „Wir testen das jetzt einmal aus.“

Der Handelsverband, der vor allem große Ketten vertritt, erwartet sich jedenfalls einiges: „Der Black Friday bringt gute Umsätze“, sagt Geschäftsführer Rainer Will. „Von den Dimensionen wie in den USA sind wir aber weit entfernt.“ Die Österreicher brauchen also offenbar noch, um das Brauchtum in allerletzter Konsequenz aus der amerikanischen Tradition zu verinnerlichen. Auch ist der Black Friday in Europa vor allem ein Online-Phänomen, angetrieben durch große Händler wie Amazon. Erst nach und nach entdeckt auch der stationäre Einzelhandel das Potenzial des Aktionstags – einer Umfrage von marketagent.com zufolge kaufen 51,6 Prozent der Befragten am Black Friday online, 17,5 Prozent in Geschäften und 30,8 Prozent sowohl als auch.

Problem für kleine Geschäfte

Es sind vor allem die großen Zentren, die sich von Aktionen wie diesen etwas versprechen, die so zu mehr Frequenz kommen. Bei kleineren Geschäften sieht es schon etwas anders aus. „Ich halte den Black Friday für einen Wahnsinn“, sagt Rainer Trefelik, Spartenobmann für Handel in der Wiener Wirtschaftskammer. „Wenn wir da unreflektiert mitmachen, werden wir die Kunden dazu drängen, immer nur nach Rabatten zu kaufen.“ Und der Kunde müsse sich dann fragen, warum er überhaupt im Rest des Jahres noch den vollen Preis zahlen soll. Im Handelsverband hat man diese Angst nicht – so hat man eine Umfrage zu einem sehr ähnlichen Phänomen gemacht, dem Sommerschlussverkauf. „Und sie hat gezeigt“, sagt Geschäftsführer Will, „dass sich nur eine verschwindend geringe Zahl das ganze Jahr über zurückhält und genau dann zuschlägt.“

Handelsobmann Trefelik warnt dennoch – die Gefahr sei groß, dass das Kämpfen um Frequenz mit Rabatten auf Kosten der Qualität gehe. Nur mit guter Beratung könnte der stationäre Handel sich vom Onlinegeschäft abheben. Als eine Art Gegenbewegung zur Rabattschlacht hat zuletzt der Modehandel deshalb eine Kampagne gestartet – ein Dankeschön an Kunden, die im Fachhandel einkaufen, die sogenannten Echtshopper.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2016)

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