Der Krampf mit der Vermögensteuer

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Die nun wieder ins Spiel gebrachte Vermögensteuer wurde 1993 von einer SP-Regierung nicht ohne Grund abgeschafft: Sie bringt entweder wenig, oder sie belastet den Mittelstand.

Die Vermögensteuer taucht ebenso verlässlich wie das Ungeheuer von Loch Ness regelmäßig aus den Untiefen der politischen Gewässer auf. Und ebenso regelmäßig verschwindet sie wieder, nachdem sie ein paar Leute vor allem am rechten Ufer des Gewässers erschreckt hat.

Diesmal scheint es aber ernster zu sein: Wenn prominente Sozialdemokraten wie der burgenländische Landeshauptmann, Hans Niessl, die Steuer zur Koalitionsbedingung bei den nächsten Regierungsverhandlungen erheben wollen, dann scheint die Sache wohl heiß zu werden.

Natürlich ist es legitim, über Vermögensteuern zu reden. Andere, nicht gerade sozialistische Länder wie die Schweiz, Großbritannien oder die USA haben sie ja auch. Allerdings zeigt sich global ein durchgehendes Bild: Es gibt Länder mit niedrigen Einkommen- und vergleichsweise hohen Vermögensteuern (USA, Schweiz). Und es gibt Länder mit niedrigen vermögensbezogenen Steuern, aber hohen Einkommensteuern. Beispielsweise Österreich. Bei beiden Steuerarten Europaspitze anzustreben, wie das offenbar Herr Niessl vorhat – das wäre ein (für die Staatsbürger ziemlich teures) Novum.

Österreich hat Vermögens-Substanzsteuern (bis auf die Grundsteuer und die erst später gekippte Erbschaftssteuer) 1993 unter einer SPÖ-geführten Regierung und einem SPÖ-Finanzminister aus gutem Grund abgeschafft: Sie hat in der Praxis wenig gebracht und ist zuletzt zu einer reinen Gewerbekapitalsteuer verkommen.

Wie sehr die Wirkung überschätzt wird, zeigt die Erbschaftssteuer: Im letzten Jahr vor ihrer Abschaffung, 2006, hat es rund 62.000 Erbschaftsfälle gegeben. Davon waren ganze 16 Erbschaften über einer Million Euro.

Wenn man also die von Niessl genannte Grenze von einer Million Euro ansetzt, dann spielt diese Steuer nicht einmal die Einhebungskosten herein. Will man sinnvolle Erträge, dann muss man mit der Grenze weit hinuntergehen. Etwa auf die vom ÖGB-Chef einmal genannten 150.000 Euro. Und schon mutiert die „Reichensteuer“ zur Mittelstandsbelastung. Dasselbe gilt für die Vermögensteuer, die nur dann echte Erträge bringt, wenn man damit tief in den Mittelstand hineingeht.

Hinter der Abschaffung der Vermögensteuer stand nicht zuletzt auch die kluge Strategie, von problematischen, schwierig einhebbaren Substanzsteuern wegzukommen und dafür Vermögenszuwächse kräftig zu besteuern. Anzunehmen, dass diese Weichenstellungen im Fall einer Wiedereinführung der Vermögens-Substanzsteuern nicht rückgängig gemacht wird und wir dann hohe Vermögen- und Vermögenszuwachssteuern haben.


Die Befürworter der Vermögensteuern argumentieren vor allem mit drei Punkten: Es gehe um Verteilungsgerechtigkeit, es treffe ohnehin nur Superreiche, der Anteil von vermögensbezogenen Steuern sei in Österreich im internationalen Vergleich sehr niedrig – und es gehe schließlich vorwiegend um Verteilungsgerechtigkeit.

Das mit den Superreichen ist wohl geklärt: Wenn man nicht breite Bevölkerungsschichten in die Besteuerung einbezieht, kann man die Sache gleich bleiben lassen. Und der internationale Vergleich ist einer von Äpfeln und Birnen: Dort, wo es hohe Vermögensteuern gibt, betreffen die vor allem den Immobilienbereich. Und dort sind in diesen Steuern vielfach Gebühren enthalten, die in Österreich nicht zu knapp extra berappt werden müssen. In den USA enthalten Immobiliensteuern vielfach die Gebühren für Müllentsorgung, Wasser etc.

Bleibt die Verteilungsgerechtigkeit. Um die ist es in Österreich nicht so schlecht bestellt: Mit einer Transferquote von 34 Prozent des BIPs sind wir Umverteilungsweltmeister. Und bei der Vermögensgleichverteilung gemessen am Gini-Koeffizienten sind wir Viertbester unter den in der OECD zusammengefassten Industriestaaten.

Freilich wird hauptsächlich innerhalb der Einkommen umverteilt, Vermögen sind davon wenig berührt. Und: Die fortschreitende Vermögenskonzentration wird überall in den Industrieländern zum gesellschaftlichen Problem. Das in den Griff zu kriegen, dürfte mit einer einprozentigen Belastung, die überwiegend den Mittelstand trifft, aber nicht gelingen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2016)

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