Ein lahmes Öl-Kartell ängstigt die Welt

Saudi Arabia´s Energy Minister Khalid al-Falih talks during the 23rd World Energy Congress in Istanbul
Saudi Arabia´s Energy Minister Khalid al-Falih talks during the 23rd World Energy Congress in Istanbul(c) REUTERS (Murad Sezer)
  • Drucken

Seit September hofft der Markt, dass sich die Opec am Mittwoch auf eine Förderdrosselung einigt. Die Wahrscheinlichkeit ist zuletzt gesunken. Bei einem Scheitern dürfte der Preis abstürzen.

Wien. Totgesagte leben offenbar doch länger. Nur so ist zu erklären, dass das für diesen Mittwoch anberaumte Treffen der Opec-Fachminister in Wien seine Schatten vorauswirft und für Unruhe auf den Ölmärkten sorgt. Dabei hatte sich seit 2014 die Ansicht verbreitet, dass die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) ihren Einfluss auf dem Markt eingebüßt habe, zumal das Kartell in sich zerstritten ist. Aber es gibt nun einmal keine Alternativen, die merkbar auf dem Markt intervenieren und ihn kontrollieren könnten, wie Ali al-Naimi, Ex-Ölminister Saudiarabiens, neulich zur „Financial Times“ gesagt hat.

Wie handlungsfähig die Opec tatsächlich ist, wird sich freilich erst am Mittwoch zeigen. Für morgen nämlich war eine Einigung auf eine Förderkürzung anvisiert. Es wäre die erste seit 2008. Im September hatte man sich bei einem Treffen in Algerien vorab darauf verständigt, die Produktion auf 32,5 bis 33 Mio. Barrel pro Tag zu reduzieren. Zuletzt förderte die Opec im Oktober täglich geschätzt 33,6 Mio. Barrel – etwa 700.000 Barrel über Bedarf.

Saudis dämpfen Erwartung

Der Optimismus, dass es zu dieser Produktionsdrosselung kommt, schwand am Montag zusehends. „Wir sind noch hoffnungsvoll“, sagte immerhin ein Vertreter Libyens. Hoffnung spiegelte sich auch an den Märkten. So zog der Preis für ein Barrel der für Europa relevanten Nordseesorte Brent im Tagesverlauf um über zweieinhalb Prozent auf über 48,4 Dollar an.

Dem war allerdings ein starker Absturz vorausgegangen – am Freitag um knapp vier Prozent. Auslöser war, dass Saudiarabien seine Teilnahme an den für gestern geplanten informellen Gesprächen mit Nicht-Opec-Produzenten absagte, weil sich die Opec zuvor lieber intern einigen solle. Als dann der saudische Energieminister, Khalid al-Falih, der sich als mächtigster Mann im Kartell zuvor noch für eine Einigung ausgesprochen hatte, sagte, dass sich das Überangebot nächstes Jahr auch ohne eine solche Kürzung legen werde, war die Unsicherheit wieder perfekt.

Zahlreiche Stolpersteine

Was will Saudiarabien, das 2014 den Markt mit Öl zu fluten begann, um die zunehmende US-Konkurrenz auszubremsen, und mittlerweile aufgrund der langen Billigpreisperiode längst selbst darunter leidet? „Möglicherweise [. . .] die anderen Länder in die Pflicht nehmen, sich ebenfalls an einer Produktionskürzung zu beteiligen und sich nicht nur auf Saudiarabien zu verlassen“, meint Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank.

Die Skepsis der Saudis kommt nicht von ungefähr. Erst kürzlich haben der Irak und der Iran, zweit- bzw. drittgrößter Opec-Produzent, ihre Vorbehalte gegenüber einer Drosselung wiederholt. Die Saudis bezweifeln auch, dass sich Russland als größter Produzent außerhalb des Kartells einem koordinierten Vorgehen anschließt. Vertreter Algeriens und Venezuelas sind daher nach Moskau aufgebrochen, um die Russen zu überzeugen.

Stolpersteine also da wie dort. Weinberg geht in seiner Analyse so weit, dass er der Opec 2017 sogar eine Ausweitung der Produktion zutraut. Auch für die Saxo Bank, die mit einer Einigung morgen rechnet, bleibt die Frage offen, „wie geschlossen das Kartell bleibt“.

So ist der morgige Tag wahrlich entscheidend: Sollte das Treffen am Mittwoch kein Ergebnis zeitigen, rechnen Analysten mit einem Rückgang der Ölpreise auf 40 Dollar oder 2017 gar 30 Dollar je Barrel. 40 Dollar hat Öl, das vor gut zwei Jahren noch für 115 Dollar gehandelt worden war, zuletzt im April dieses Jahres gekostet. Das Mehrjahrestief ist Mitte Jänner 2016 bei unter 28 Dollar markiert worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Spannung vor OPEC-Treffen in Wien

In Wien wird die OPEC über die künftige Förderpolitik beraten. Ziel ist es, mit einer Drosselung der Produktion die Preise steigen zu lassen. "Es wird heute eine Einigung geben", sagte der Delegierte des Irak.
THEMENBILD-PAKET: RAFFINERIE / OMV
Geld & Finanzen

„Unter Trump könnten Ölpipeline-Projekte quer durch die USA forciert werden“

Auch wenn die Rohstoffpreise zunächst kräftig nachgaben, sieht Black-Rock-Fondsmanager Alastair Bishop Chancen in der US-Ölindustrie.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.