Das Ende von Chinas Einkaufstour?

Genug gekauft? Der chinesische Autobauer Geely übernahm Volvo 2010. Hier Gründer Li Shufu beim Probesitzen im S90.
Genug gekauft? Der chinesische Autobauer Geely übernahm Volvo 2010. Hier Gründer Li Shufu beim Probesitzen im S90.REUTERS
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Peking will den chinesischen Unternehmern offenbar Auslandsinvestitionen im Wert von über zehn Mrd. Dollar verbieten. Der Grund: Zu viel abfließendes Kapital schwächt den Yuan.

Peking. Das ganze Jahr über hatte China mit seinen exzessiven Auslandsinvestitionen von sich reden gemacht. Chinesische Investoren schlugen beim Augsburger Roboterhersteller Kuka zu, sie bieten derzeit beim Elektronikunternehmen Aixtron mit. Und Chem China steht vor der Übernahme des Schweizer Agrochemieriesen Syngenta. Zuletzt häufte sich auch in Europa die Angst vor einem Ausverkauf wichtiger Technologien. Doch nun könnte Chinas Einkaufstour schon wieder zu Ende sein. Mehreren Medienberichten zufolge will die Zentralregierung in Peking das Auslandsengagement heimischer Unternehmen drastisch zurückfahren. Sämtliche chinesische Auslandsinvestitionen im Wert von über zehn Mrd. US-Dollar sollen untersagt werden, berichtet die in Hongkong erscheinende „South China Morning Post“.

Wollen chinesische Firmen im Ausland in Bereiche investieren, die nicht mit ihrem Kerngeschäft zu tun haben, darf das Investitionsvolumen nicht einmal eine Mrd. Dollar überschreiten, ergänzt das US-Nachrichtenportal Bloomberg. Die Maßnahmen sollen zunächst einmal bis September 2017 gelten. Beide Medien berufen sich auf „informierte Kreise der chinesischen Zentralbank“.

Strategie mit Widersprüchen

Offiziell hat die Führung diese Maßnahmen nicht bestätigt. Allerdings haben die Banken des Landes in den vergangenen Tagen die Anweisung erhalten, sämtliche Auslandsüberweisungen mit einem Wert von mindestens fünf Mio. Dollar an die Zentralbank zu überprüfen. Bislang lag die Obergrenze bei 50 Mio. Dollar. Auch bereits genehmigte Transfers stehen auf dem Prüfstand.

Möglicher Grund für diese drastischen Maßnahmen: Seit einiger Zeit fließt sehr viel mehr Kapital aus China ab als hinein. Zwar hält die Volksrepublik mit geschätzten rund drei Billionen Dollar auch weiter die größten Devisenreserven der Welt. Sie sind in den vergangenen zwei Jahren aber deutlich geschrumpft, um wahrscheinlich fast eine Billion Dollar. Arm ist China noch lang nicht. Gleichwohl hat Peking mehrfach betont, die Kontrolle über den Kapitalverkehr behalten zu wollen.

Tatsächlich hat ein zu rascher Abfluss von Geldern auch Auswirkungen auf die chinesische Landeswährung, den Yuan. Er hat im Vergleich zum Dollar allein seit Jahresbeginn um rund sechs Prozent an Wert verloren.

Allerdings hat die chinesische Führung den Kapitalabfluss zum großen Teil selbst befeuert. Chinas Staats- und Parteichef, Xi Jinping, persönlich hat die heimischen Unternehmer noch zu Jahresbeginn aufgefordert, verstärkt im Ausland zu investieren. Seit einiger Zeit versucht die kommunistische Führung verstärkt, in den Schlüsselbranchen westliches Know-how anzuziehen. China soll nicht wie bisher nur Werkbank der Welt sein, sondern auch zu einer globalen Ideenschmiede aufsteigen. Die Führung in Peking hatte daher eine ganze Liste von zukunftsträchtigen Branchen aufgestellt, in die nicht nur die Staats-, sondern auch die chinesischen Privatunternehmen investieren sollen, darunter Biotechnologie, Medizintechnik und Mikroelektronik.

Syngenta-Kauf stockt

Dieser Aufruf zeigte Wirkung. Zuletzt gab es einen regelrechten Kaufrausch chinesischer Firmen in Europa und den USA. Doch nicht nur auf strategisch wichtige Schlüsselindustrien haben es die chinesischen Investoren abgesehen. Sie kaufen derzeit auch Filmstudios in Hollywood und Fußballvereine in Italien oder Spanien auf. Vor allem aber sind sie auf Immobilienjagd in London, Sydney, New York und Vancouver. Die Preise in diesen Städten haben zuletzt astronomische Höhen erreicht. Auch gegen diese Käufe dürften sich die schärferen Kapitalkontrollmaßnahmen richten. Die bislang größte Übernahme sollte der Kauf des Basler Agrochemiekonzerns Syngenta durch den chinesischen Chemieriesen Chem China werden. Sage und schreibe 43 Mrd. Dollar haben die Chinesen geboten. Derzeit allerdings stockt der Übernahmeprozess. Zuletzt kursierten Gerüchte, die chinesischen Behörden hätten Bedenken. Ist die bereits weitgehend besiegelte Rekordübernahme gefährdet? „Kein Kommentar“, heißt es aus der Syngenta-Firmenleitung in Basel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2016)

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