2018 will Athen zurück an den Kapitalmarkt. Zentralbankchef Stournaras setzt auf eine leichte Schuldenentlastung.
Brüssel/Athen. Die griechische Schuldenkrise geht in ihr siebentes Jahr. Es dürfte das Schicksalsjahr werden. Denn entweder gelingt der große Schritt in Richtung eines tragfähigen Haushalts oder Griechenland wird bis auf Weiteres von Billigkrediten der Europartner abhängig bleiben. Die Lage ist „besser als ursprünglich gedacht“, zeigte sich Finanzminister Hans Jörg Schelling am Montag am Rand des Treffens der Eurofinanzminister in Brüssel optimistisch. Er verwies auf bessere Wachstumszahlen und das Faktum, dass Athen „erstmals mehr Steuereinnahmen“ verzeichne.
Über den Weg, wie Griechenland die letzten Hürden zur Rückkehr auf den Kapitalmarkt schaffen kann, ist die Euro-Gruppe freilich noch uneins: Sowohl Schelling als auch Deutschlands Finanzminister, Wolfgang Schäuble, lehnen jeglichen Schuldenerlass kategorisch ab. Schelling brachte nicht als Einziger am Montag einen alternativen Weg über eine Ausweitung der Kreditlaufzeiten und über eine Senkung der Zinsen für Athen ins Spiel. Angesichts der Niedrigzinssituation könnten hier „Vorschläge kommen, die man durchaus positiv sehen kann“, so Schelling. Frankreich und Italien warben für ein noch stärkeres Entgegenkommen. Vorerst sprach sich der französische Finanzminister, Michel Sapin, aber ebenfalls für eine kurzfristige Schuldenerleichterung aus.
Die Zeit drängt. Noch immer ist nämlich nicht geklärt, ob sich der IWF an der Sanierung des Landes weiterhin beteiligen wird. Der Währungsfonds hat auf eine raschere Rückkehr zu einem tragfähigen Haushalt gedrängt, sah aber bisher keine Alternative zu einem Schuldenschnitt. Auch Griechenlands Zentralbankchef, Yannis Stournaras, will rasch Klarheit, damit die Märkte eine Rückkehr des Landes zur normalen Anleihenausgabe akzeptieren. Sein Land brauche „leichte Maßnahmen“ zur Entlastung bei den Schulden, sagte er in einem Interview mit dem „Handelsblatt“. Und es benötige „realistische fiskale Zielvorgaben“ der Geldgeber. Die Maßnahmen könnten jetzt beschlossen, aber erst nach 2018 umgesetzt werden, schlug Stournaras vor.
Ziele des Programms übertroffen
Zum Optimismus tragen nicht nur bessere volkswirtschaftliche Zahlen des Krisenlandes bei, sondern auch die Ankündigung von Finanzminister Euklidis Tsakalotos, im kommenden Jahr einen Primärüberschuss von 1,8 Prozent des BIPs zu erreichen. Dieses Ziel liegt um 0,05 Prozent über den Vorgaben des Rettungsprogramms. Die Steuereinnahmen sollen nicht allein durch eine Erhöhung, sondern auch durch eine konsequentere Eintreibung weiter steigen. Bereits dieses Jahr lagen sie um 800 Millionen Euro über dem Programmziel. Was dem Land freilich fehlt, sind Investitionen.
Bei der Stimulierung der Wirtschaft scheiden sich in der Europäischen Union nach wie vor die Geister. Während die EU-Kommission Länder mit einer besseren Haushaltslage dazu drängt, mit staatlichem Geld das Wirtschaftswachstum in der gesamten Eurozone anzukurbeln, hält Deutschlands Finanzminister Schäuble an einem strikten Sparkurs fest. Er argumentiert, dass tragfähige Haushalte die beste Basis für eine gesunde Wirtschaft seien. (wb/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2016)