Keine Immo-Blase laut OeNB

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In Österreich bestehe keine Gefahr, dass es zum Platzen einer Immobilienblase kommt, sagt die Österreichische Nationalbank.

Wien. Es ist gerade einmal eine Woche her, da wurde Österreich gemeinsam mit sieben anderen EU-Staaten vom Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) vor einer Überhitzung des heimischen Wohnungsmarktes gewarnt. Den Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny, ficht das aber nicht an. Er hat eine gänzlich andere Meinung als die ESRB, wie er bei der gestrigen Präsentation des 32. Financial Stability Report betonte. Freilich handle es sich um einen Bereich, „mit dem wir uns sehr intensiv beschäftigen und auf den man aufpassen muss. Denn der Immobiliensektor ist gerade von der Finanzierungsseite her ein sehr großer Sektor und zweitens ist er sehr sensibel in Bezug auf die Finanzmarktstabilität.“

„Wichtig zu differenzieren“

Allerdings sei es wichtig, zwischen Österreich und anderen Ländern zu differenzieren: „Wir sind hier doch in einer ziemlich anderen Situation als viele Staaten.“ In Österreich machen Hypothekarkredite etwa nur 28 Prozent des BIPs aus, in den Niederlanden sind es 62 und in Schweden 65 Prozent. Weiters seien nur 1,9 Prozent der Kredite faul. Und in Österreich liege das Verhältnis der Hypothekarkredite zur Eigenmittelausstattung bei 165 Prozent, in den Niederlanden und Schweden hingegen bei 639 und 641 Prozent. Auch die OeNB-Expertin Doris Ritzberger-Gründwald ist zuversichtlich, dass die Warnung der ESRB „zu Unrecht erfolgt ist“.

Anders als in anderen Mitliedstaaten der Europäischen Union gibt es in Österreich einen hohen Anteil an Mietwohnungen, gefördertem Wohnbau und Gemeindewohnungen. Und nur 18 Prozent der Bürger haben eine Eigentumswohnung, im europäischen Vergleich eine geringe Zahl. Das bedeute, es handle sich um ein relativ kleines Segment, das den Preisauftrieb erlebe, so Ritzberger-Gründwald. Im dritten Quartal 2016 sind die Wohnimmobilienpreise hierzulande um 7,2 Prozent gestiegen. In Wien stiegen sie allerdings im Vergleich zu den anderen Bundesländern weit weniger stark an, nämlich nur um 2,5 Prozent. Rechnet man Wien heraus, beträgt der österreichweite Anstieg der Wohnimmobilien 9,5 Prozent. Diese seit Mitte des vergangenen Jahres verzeichneten Preissteigerungen seien als Aufholeffekt gegenüber der Bundeshauptstadt zu interpretieren, ist die Expertin überzeugt, sie würden sich jedoch bald wieder verringern.

Und noch etwas, beruhigt sie. Tendenziell seien es die reicheren Haushalte, die mit meist variablen Immobilienkrediten belastet seien. Doch was würde passieren, wenn es zu einem Anstieg der Hypothekarkredite käme? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein sogenannter Stresstest für Haushalte, den die OeNB durchgeführt hat. So ein Test sei möglich, weil „wir mittlerweile sehr, sehr viel Informationen über private Haushalte haben. Wir wissen sehr gut über deren finanzielle Situation Bescheid.“ Bei der Studie habe man vor allem Haushalte ins Visier genommen, bei denen es „ganz schön eng würde, wenn der Schuldengrad ansteigt“.

Das erfreuliche Fazit gleich vorweg: Der Anteil der Haushalte mit einer negativen Finanzmarge (Anm.: Unter Finanzmarge versteht man monatliches Einkommen minus Lebenserhaltungskosten minus Schuldendienst) sei mit insgesamt acht Prozent relativ gering, sagt Ritzberger-Grünwald. Und: „Wenn man hier die Haushalte stresst, dann passiert nicht viel. Es gibt keinen dramatischen Anstieg bei den Haushalten, die in Probleme geraten könnten. Der Ausfall an Krediten wäre wahrscheinlich sehr gering. Die Banken vergeben an die richtigen Haushalte.“

Ruf der Banken heute besser

Apropos Banken: Sie werden nach Aussagen von Nowotny heute viel positiver gesehen als früher. Sowohl Analysten als auch Ratingexperten hätten ihm anlässlich eines Besuchs in London gesagt, dass sich die Einschätzung des österreichischen Finanzmarktes und der Bankenlandschaft massiv verbessert habe. Auch die Wahl von Alexander Van der Bellen sieht der Gouverneur positiv: „Aus Sicht der Finanzmärkte bedeutet sie sicherlich ein Element der Stabilität.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2016)

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