Die geschickten Coups des Wladimir Putin

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Mit zwei Schachzügen binnen einer Woche verschafft er dem Land nötiges Geld und sich selbst Zeit.

Wien. Man kann nicht behaupten, dass Russlands Präsident Wladimir Putin, der außenpolitisch mächtig auftritt, die Wirtschaft im Inland in den vergangenen Jahren vorangebracht hat. Bis zu einem gewissen Grad haben ihr die außenpolitischen Manöver auch direkt geschadet – Stichwort Sanktionen und Importembargos. Dazu kommt das jahrelange Versäumnis, die Voraussetzungen für ein investitionsgetriebenes Wachstumsmodell zu schaffen. Den Rest der Malaise bewerkstelligte der Ölpreisverfall. 2015 kontrahierte das BIP daher um 3,7 Prozent, dieses Jahr um etwa 0,6 Prozent. Und trotz Rubelabwertung wird das Budgetdefizit heuer zumindest 3,7 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen.

Umso bemerkenswerter sind die milliardenschweren Coups, die Putin und seine Entourage soeben gelandet haben. Es waren zwei kluge Schachzüge innerhalb einer einzigen Woche, mit denen das Land vorerst aus dem Schneider ist und mit denen Putin sich viel Zeit gekauft hat, die er zur Überbrückung seiner mittlerweile notorischen Reformträgheit bis zur Wiederwahl 2018 braucht.

Überraschende Privatisierung

Der eine Coup ist die Teilprivatisierung des landesweit größten Ölkonzerns Rosneft. Nach monatelang undurchsichtigen Intrigen wurde Donnerstagnacht bekannt, dass Rosneft 19,5 Prozent der Anteile an den Schweizer Rohstoffhändler Glencore und an das Emirates Katar verkauft. Mit den eingespielten 10,5 Mrd. Euro kann das Budgetdefizit wenigstens im Rahmen der genannten 3,7 Prozent des BIP gehalten werden. Laut dem mächtigen Rosneft-Chef, Igor Setschin, spült die Privatisierung im Ölsektor heuer sogar 15,1 Mrd. Euro in die Staatskasse. Anfang Herbst nämlich hatte Rosneft 50 Prozent des sechstgrößten Ölkonzerns Baschneft für 4,8 Mrd. Euro erworben.

Putin, eigentlich bekannt für Renationalisierungen, hat sich nicht nur zur Privatisierung durchgerungen. Er hat – und das ist der zweite Coup – sich auch darauf eingelassen, dass Russland zum ersten Mal an einer von der Opec beschlossenen Drosselung der Ölfördermenge teilnimmt.

1,2 Billionen Rubel

Schon während der Monate vor dem Opec-Beschluss Ende November haben die Informationssplitter über die Verhandlungen den Ölpreis immer wieder gestützt. Seit Anfang Dezember nun notiert die Nordseesorte Brent um über 15 Prozent höher bei knapp 55 Dollar je Barrel. Ein solcher Preis sei auch mittelfristig zu erwarten, meint die Investmentbank Goldman Sachs: Kurzfristig könnte es sogar über 60 Dollar gehen.

Das ist zwar immer noch nur die Hälfte des Niveaus bis Sommer 2014, aber es beschert doch auch Russland üppige Einnahmen. Bei einem Ölpreis von 55 Dollar habe Russlands Budget 2017 um ein bis 1,2 Billionen Rubel (bis zu knapp 18 Mrd. Euro) an Mehreinnahmen aus dem Öl- und Gassektor zu erwarten, prophezeien das Finanzministerium und Investmentbanken. Dem Budget für 2017 liegt ein Ölpreis von 40 Dollar je Barrel zugrunde. Sollten die Ausgaben nicht steigen, sei 2018 ein ausgeglichenes Budget schaffbar, so die Investbank Uralsib.

Tatsächlich sind die Ausgaben für drei Jahre auf dem Niveau von 15,8 Bio. Rubel gedeckelt. Ob es angesichts der Präsidentenwahlen 2018 dabei bleibt, ist offen. Aber Putin hat nun Zeit und Geld. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2016)

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