EU und Kanada wollen internationalen Investitionsgerichtshof

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FRANCE-EU-FLAG-FEATUREAPA/AFP/DOMINIQUE FAGET
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Am Dienstag startet in Genf eine Expertenrunde mit 200 Teilnehmern, bei der geklärt werden soll, wie viele Staaten tatsächlich bereit wären, sich einem permanenten Schiedsgericht zu unterstellen.

Die EU und Kanada wollen einen internationalen Investitionsgerichtshof schaffen. Ein internationales System zur Schlichtung von Klagen zwischen Investoren und Ländern könne das jetzige System und dessen "Schwierigkeiten der Legitimation, Transparenz, Konsistenz, Vorhersehbarkeit und rechtlichen Korrektheit" verbessern, heißt es in einem Diskussionspapier von EU-Kommission und kanadischer Regierung.

"Das System der Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) steht in den vergangenen Jahren zunehmend im Scheinwerferlicht", heißt es in dem am Montag bekannt gewordenen Papier weiter. 200 internationale Experten diskutieren am Dienstag und Mittwoch in Genf auf Einladung der EU und Kanadas über die Möglichkeit einer alternativen multilateralen Gerichtsbarkeit.

Losgelöst von Diskussion um CETA

Die Debatte sei allerdings losgelöst von den aktuellen Diskussionen zu sehen, die um das gerade von der EU und Kanada unterzeichnete Freihandelsabkommen CETA entstanden seien, hieß es aus Kommissionskreisen. Bei CETA war erstmals vereinbart worden, dass ein internationales Schiedsgericht mit erfahrenen Berufsrichtern Streitfälle zwischen Investoren und den Mitgliedstaaten schlichten solle. Der geplante Gerichtshof kann seine Arbeit allerdings erst aufnehmen, wenn der entsprechende Paragraf von allen EU-Ländern ratifiziert wurde.

Bei der zweitägigen Expertenrunde in Genf soll es darum gehen, auszuloten, wie viele Staaten tatsächlich bereit wären, sich einem derartigen permanenten Gericht zu unterstellen. Die Intention der EU-Kommission ist es nach Angaben eines Vertreters der Behörde, "ein System zu schaffen, das gut funktioniert und objektiv entscheidet - ein System, das nicht voreingenommen ist".

"Wir erwarten nicht, dass wir mit 160 Ländern starten können", sagte ein Kommissionsvertreter. Bis "Anfang 2018" hofft die Behörde demnach aber darauf, eine "vernünftige Anzahl" von Staaten, die einen solchen Gerichtshof unterstützen würden, zusammen zu bekommen. "Besonderes Interesse" hätten europäische Staaten wie die Schweiz und Norwegen sowie die Türkei gezeigt, aber auch lateinamerikanische Länder sowie einige asiatische Staaten.

"Unklar, wie die USA an die Sache herangehen"

An dem Expertentreffen in Genf werden auch Vertreter der USA teilnehmen, bestätigte ein Vertreter der EU-Kommission. Es sei aber unklar, "wie die Vereinigten Staaten an diese Sache herangehen werden". Zwar seien die USA in den vergangenen Jahren eine treibende Kraft bei der Reform des bisherigen ISDS-Mechanismus gewesen. Wie die neue Regierung unter dem künftigen Präsidenten Donald Trump handeln werde, sei aber schwer zu sagen.

Seit den 1950er Jahren enthalten viele Handelsabkommen einen Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus. Hierfür wird normalerweise ein Investitionsgericht mit Schiedsrichtern besetzt, die für jeden Prozess einzeln benannt werden müssen und wechselweise Investoren oder Staaten auch als Anwälte vertreten können. In den vergangenen Jahren ist das System deshalb zunehmend in die Kritik geraten, da die zeitweisen Richter und Anwälte in Interessenskonflikte geraten könnten.

3000 Abkommen weltweit

Derzeit gibt es etwa 3000 Abkommen weltweit, über deren Auslegung ein internationaler Investitionsgerichtshof entscheiden könnte. Im Jänner sollen zu dem Thema Expertengespräche zwischen EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland und Vertretern von Drittstaaten am Randes des Weltwirtschaftsforums im schweizerischen Davos folgen.

(APA/AFP)

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