Einkommensbericht: Die frohere Botschaft

Worker inspects a plastic roll at TIM stainless steel wire factory in Huamantla
Worker inspects a plastic roll at TIM stainless steel wire factory in Huamantla(c) REUTERS (Tomas Bravo)
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Reallohnverluste und eine wachsende Schere: Der Einkommensbericht klingt düster. Der Grund ist eine verzerrende Berechnung. Die Studie selbst liefert bessere Daten.

(C) DiePresse

Wien. Das sieht übel aus: Die Bruttoeinkommen der Arbeiter sind real seit 1998 um 13 Prozent gesunken, die der Angestellten stagnieren. Nur Besserverdiener und vor allem Beamte gewinnen dazu – mit dem Erfolg, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht. So nachzulesen im Einkommensbericht, den der Rechnungshof mit der Statistik Austria erstellt hat (die „Presse“ berichtete). Nicht zum ersten Mal: Alle zwei Jahre das gleiche Fazit, aber auch die gleiche vorweihnachtliche Betroffenheit und Empörung. Dabei konstatierte schon vor geraumer Zeit der frühere Statistikchef Peter Hackl, die so präsentierten Daten seien schlicht „irreführend“. Der am stärksten verzerrende Effekt: Der Schnitt ergibt sich, indem man einfach Lohnsummen durch die Anzahl der Beschäftigten dividiert. Nun ist die Beschäftigung aber deutlich gestiegen, und zwar durch den massiven Zuwachs an Teilzeitkräften (zu denen auch geringfügig Beschäftigte zählen). Sie verdienen naturgemäß weniger als Vollzeitkräfte. Wenn man Einkommen pro Kopf statt pro Arbeitsstunde rechnet, drückt das also den statistischen Schnitt. Aber sind wir wirklich ärmer geworden? Wer einen Teilzeitjob annimmt, war davor in aller Regel nicht in Vollzeit, sondern gar nicht beschäftigt. Und laut allen Umfragen arbeiten 85 bis 90 Prozent freiwillig in Teilzeit, nicht deshalb, weil sie keinen Vollzeitjob kriegen.

Damit zeichnet die Gesamtbetrachtung ein zu düsteres Bild. Dabei hat die Studie die Alternative im Gepäck: die Zweijahresbetrachtung. Sie zielt auf Einzelverläufe ab, anhand all jener, die über einen Zeitraum von jeweils zwei Jahren im selben Job geblieben sind. Warum? „Diese Auswahl ermöglicht es, strukturelle Veränderungen, die (. . .) verzerrend wirken können, weitgehend auszublenden.“ Und siehe da: Auf dieser Basis löst sich alles in Wohlgefallen auf. Die Reallöhne sind dann in jedem Jahr gestiegen, oft auch kräftig. Und der Vergleich von „hohen und niedrigen Einkommen zeigt, dass sich diese (. . .) nicht auseinanderentwickeln, sondern relativ gleichförmig wachsen“.

Blackbox der Jobwechsler

Warum verkünden die Autoren ihr Fazit nicht auf dieser Basis? Die „Treuen“, die über zwei Jahre durchgehend in einem Job arbeiten, machen nur 60 Prozent aller unselbstständig Erwerbstätigen aus. Damit bleibt, auch nach Abzug der Neueinsteiger, eine unangenehm große Blackbox an Personen, über die sich wenig sagen lässt. Manche gehen nur in Eltern- oder Bildungskarenz und kommen später zurück. Andere wechseln freiwillig, um sich zu verbessern. Aber es gibt auch solche, die ihren Job wechseln müssen und danach weniger verdienen. Das könnte auch hier die Deutung verzerren, nun ins zu Positive. Aber wie stark? In die Teilzeit wird, wie erwähnt, kaum jemand abgedrängt. Der Anteil der befristet Beschäftigten bleibt seit 2004 mit acht Prozent konstant niedrig. Die Zahl der Leiharbeiter ist mit rund 75.000 nicht sehr hoch und steigt nur leicht. Damit spricht wenig dafür, dass man bei der Zweijahresbetrachtung die schwarze durch eine rosa Brille ersetzt. Aber viel, dass sie die deutlich plausibleren Ergebnisse liefert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2016)

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