Russlands Geldadel in Trumpomanie

Der designierte US-Präsident, D. Trump, mit einem Bild der Skyline New Yorks. Russische Immobilienkäufer sind ihm sicher.
Der designierte US-Präsident, D. Trump, mit einem Bild der Skyline New Yorks. Russische Immobilienkäufer sind ihm sicher.imago/UPI Photo
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Politisch ist das bilaterale Verhältnis frostig. Aber die Aussicht auf Donald Trump als US-Präsidenten treibt russische Immobilienkäufer in die USA. Die Nachfrage stieg um 35 Prozent.

Wien/Moskau. Will man das Verhältnis zwischen Russen und Amerikanern mit einem Wort erfassen, eignet sich am besten das der Anomalie. Seit Jahrzehnten auf Konfrontation und nach dem postsowjetischen Tauwetter nun längst wieder im Clinch, können beide doch nicht voneinander lassen. Dabei verbindet sie abgesehen von der Geopolitik kaum etwas und wirtschaftlich fast gar nichts, macht doch der bilaterale Handel nur einen Bruchteil dessen aus, was EU und Russland an Waren austauschen. Aber obwohl die USA nach der Krim-Annexion Druck auf die EU ausübten, um Sanktionen zu verhängen, legte paradoxerweise der amerikanisch-russische Handel im ersten Sanktionsjahr zu, während der europäisch-russische drastisch einbrach.

Ansturm auf Elite-Immobilien

Zuletzt setzte sich der Anomaliereigen auf dem Immobiliensektor fort. Als Anfang November bekannt wurde, dass Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, begann ein Ansturm seitens der Russen auf hochpreisige US-Immobilien. Um sage und schreibe 35 Prozent schossen die Anfragen im November nach oben, gab die internationale Branchenberatungsfirma Knight Frank gegenüber der russischen Mediengruppe RBK kürzlich zu Protokoll. „Das jetzt merkbare positive Momentum in den russisch-amerikanischen Beziehungen hat das Interesse der begüterten Russen an Elite-Immobilien in New York und Miami entfacht“, wird Marina Kuzmina, Chefin für Auslandsimmobilien bei Knight Frank, zitiert: „Einige Kunden interessierten sich gar für die Möglichkeit, eine Immobilie in Bauprojekten von Donald Trump zu erwerben.“

Antizipierte Freundschaft

Trumpomanie in Russland, gewissermaßen. So will es auch die staatliche Propaganda. Zwar mehrten sich inzwischen wieder die nüchterneren Geister, die vor zu hohen Erwartungen an den Machtwechsel in den USA warnen. Aber dass sich atmosphärisch etwas aufhellt, da es ohnehin kaum schlimmer werden konnte, steht fest. Schon in seiner Rede zur Lage der Nation Anfang Dezember hat Kremlchef Wladimir Putin Richtung USA die Hand ausgestreckt. „Wir brauchen Freunde“, sagte er. Auch Trump hatte eine neue Russland-Politik angekündigt. Sollte er von ihm in die USA eingeladen werden, würde er fahren, sagte Putin an diesem Freitag.

So wie es die begüterten Russen wieder vermehrt tun, um sich ein Wohnobjekt in den USA anzusehen. Und auch seitens der USA würden Immobilienentwickler nun wieder häufiger eine Kooperation mit Russland suchen, so Marina Kuzmina.

Penthouse ab vier Millionen

Das ist hinsichtlich der USA eine Trendumkehr. 2015, als die Sanktionen und der Ölpreisverfall Russlands Wirtschaft um 3,7 Prozent schrumpfen ließen, brach auch die Nachfrage nach elitären Immobilien ein. Amerika, das bis 2014 unter den fünf beliebtesten Zielländern für russische Immobilienkäufer gelegen habe, sei aus den Top-Ten-Rängen gefallen, so Knight Frank. Das war nicht nur politisch begründet. Es lag auch an der Rubel-Abwertung, die Zukäufe im Ausland doppelt so teuer machte. Selbst jetzt liegen die Preise deutlich unter denen, die bis 2014 üblich waren. Wie aus den Materialien von Knight Frank hervorgeht, hätten bis 2014 russische Anfragen im Wert von fünf Mio. Dollar (4,8 Mio. Euro) aufwärts dominiert, wobei Deals von 15 bis 20 Mio. Dollar keine Seltenheit gewesen seien.

Aktuell bewegen sich 90 Prozent der Anfragen im Segment von 500.000 Dollar bis fünf Millionen Dollar. Es gehe vorwiegend um kleinere Wohnungen oder Studios. Große Wohnungen und Penthouses ab vier Millionen Dollar machten nur ein Viertel der Anfragen aus.

Achtjahrestief

Das Interesse der Immobilieninvestoren an den USA läuft ohnehin wider den Trend. Nach wie vor nämlich halten sich Russen mit Zukäufen im Ausland zurück. Das liegt teils auch daran, dass Beamte und Politiker keine direkten Besitzungen im Ausland mehr erwerben dürfen.

So haben russische Immobilienkäufe im Ausland ein Achtjahrestief erreicht, schreibt die Zeitung „Kommersant“. Die Daten stammen von der russischen Zentralbank, derzufolge im dritten Quartal nur 229 Mio. Dollar für Immobiliendeals ins Ausland geflossen seien – um 60 Prozent weniger als 2014. Gewiss, Experten verweisen darauf, dass die Statistik nur einen Teil erfasst, weil viele Finanztransaktionen von einem ausländischen Konto ausgehend stattfinden. An der Tendenz ändere dies freilich nichts.

Türkei und Bulgarien

Zwei Länder jedoch bleiben neben den USA in Russland immer auf dem Schirm. Die Türkei und Bulgarien. Letzteres ist seit Langem der große Renner, weil man mit einer Immobilie dort auch Bewegungsfreiheit in der EU erwirbt. Über 73.000 Russen haben seit 2006 eine Immobilie in Bulgarien erworben, so das bulgarische Statistikamt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2016)

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