Ischgl: „Skischuhverbot bringt Qualität“

Austria, Der Tiroler Skiort Ischgl möchte „zurück zum geordneten Après-Ski“. Vom nächtlichen Skischuhverbot erhofft man sich einen „Qualitätssprung“. Tyrol, view on Ischgl in winter at dusk
Austria, Der Tiroler Skiort Ischgl möchte „zurück zum geordneten Après-Ski“. Vom nächtlichen Skischuhverbot erhofft man sich einen „Qualitätssprung“. Tyrol, view on Ischgl in winter at dusk(c) Bela Raba/Westend61/picturedesk.com
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Der Tiroler Skiort Ischgl verbannt Skischuhe aus dem Nachtleben und setzt fortan auf Sport, gehobene Kulinarik und gepflegtes Après-Ski statt auf ausuferndes Partyvergnügen.

Ischgl. Ischgl im Tiroler Paznaun ist weit über die Grenzen hinaus als angesagte Winterurlaubsdestination bekannt, in der neben dem Skifahren auch so richtig gefeiert und Party gemacht werden kann. Letzteres hat in den vergangenen Jahren offenbar derart zugenommen, dass man mittels eines Gemeinderatsbeschlusses im Herbst ein Skischuhverbot im Ort nach 20 Uhr abends verhängt hat.

Seit dem Saisonstart im November wird die kontroverse Maßnahme nun exekutiert und von den Gästen „überraschend positiv aufgenommen“, wie der Chef der Silvretta Seilbahn AG, Hannes Parth, sagt: „Das Echo auf das nächtliche Skischuhverbot ist besser als erwartet. Der allergrößte Teil unserer Gäste nimmt es gut an und findet es sympathisch.“

Dass zwischen 20 Uhr abends und sechs Uhr morgens das Gehen mit Hartschalenschuhen sowie das Tragen von Ski- bzw. Snowboardausrüstung nunmehr verboten ist, sei, so Parth, notwendig gewesen: „Im sehr engen Dorfzentrum, wo sich auch viele Après-Ski-Lokale befinden, drängen sich die Menschen, und es ist immer wieder zu gefährlichen Situationen gekommen – außerdem ist es jetzt viel ruhiger.“

Bei Verstößen gegen die „Sicherheitsmaßnahme“ drohen Geldstrafen zwischen 25 und 2000 Euro. Um sie durchzusetzen, wurde eine private Security-Truppe engagiert. Doch sie ist nicht wirklich nötig, wie sich herausstellt. Parth: „Die Umsetzung klappt ohne größere Probleme. Überraschend für uns ist auch, dass Gäste, die sich nicht an des Verbot halten, von anderen Urlaubern darauf hingewiesen werden.“

Gesittetes Après-Ski

Mit der Maßnahme will man jedenfalls „weg vom Partyimage, hin zu einem geordneten Après-Ski so wie früher“, erklärt der Seilbahnen-Chef: „In gewissen Bereichen gab es Tendenzen, die wir nicht mehr haben wollen.“

Immerhin habe Ischgl verhältnismäßig „den höchsten Anteil an Vier- und Fünf-Sterne-Betrieben in Österreich“, und man wolle den Qualitätsanspruch damit künftig noch stärker hervorheben. Auch der Bruder von Hannes Parth, der Hotelier und Obmann des örtlichen Tourismusverbands, Alfons Parth, ist davon überzeugt, dass die neue Regelung Ischgl einen „Qualitätssprung“ bringt.

Die Maßnahme basiere jedenfalls auf einem breiten Konsens der 1600 Ischgler Einwohner, die so gut wie ausnahmslos vom Tourismus leben – selbst der Pfarrer vermietet Zimmer. Rund 1400 Tourismusunternehmer gibt es im Paznaun, etwa 600 davon in Ischgl, und sie investieren kräftig. „Einen hohen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag pro Jahr“, schätzt der Tourismusobmann, der seinen Kollegen eine „große Investitionsfreudigkeit“ bescheinigt.

Die kontinuierlichen Ausgaben der vergangenen Jahrzehnte für den Ausbau der Infrastruktur und die Verbesserung des Angebots haben sich jedenfalls bezahlt gemacht. Mit 1,36 Millionen Nächtigungen entfielen auf Ischgl zuletzt gut 60 Prozent der Wintersaison-Nächtigungen des gesamten Paznauntals (inklusive Kappl, Galtür, See und Pians). Rund 51 Prozent der Gäste kommen aus Deutschland, zehn Prozent aus den Niederlanden, gefolgt von Schweizern (7,7 Prozent), Belgiern (5,1 Prozent) und Österreichern (3,9 Prozent).

Parth: „Die Niederlande, Belgien und die Schweiz sind interessante Märkte für uns, dort schätzt man unsere gehobene Gastronomie, gepflegtes Après-Ski und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.“ Die Nächtigungszahlen finanzstarker Russen erreichten zuletzt hingegen nur noch 2,1 Prozent, wobei Ischgl hier weiter gegensteuert, so der Tourismusobmann: „Im Gegensatz zu anderen Regionen halten wir an unseren Marketingaktivitäten in Russland fest.“

Gut gebucht über Neujahr

Für die heurige Wintersaison ist man in Ischgl „nach einem sehr guten Start und einem Open-Air-Konzert mit 20.000 Besuchern sehr positiv gestimmt. Die Buchungen über Weihnachten und Neujahr seien ebenfalls gut, wenngleich bei einer Kapazität von rund 22.000 Betten in Paznaun (11.500 davon in Ischgl) noch Kapazitäten frei seien, sagt Parth: „Das Buchungsverhalten wird allerdings weiterhin immer kurzfristiger.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2016)

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