Nach dem Rekordjahr blickt die Branche einem starken 2017 entgegen. Keine Angst vor Trump: Die Produktion der Autos, um die es geht, ist ohnehin gut geschützt.
Detroit. Amerika ist anders. Vor allem: größer. Traditionell versinnbildlicht das der US-Fuhrpark, dem stets zu Jahresbeginn die wichtigste amerikanische Branchenmesse gewidmet ist. Dabei waren die in Detroit, Michigan, gefeierten Absatzzahlen des vergangenen Jahres ebenso imposant, wie es das Format der meistverkauften Autos ist: Nie wurden mehr Pkw in den Staaten verkauft, und nie war der Anteil der besonders raumgreifenden Exemplare höher.
Zwar fiel das Plus des Vorjahres im Vergleich zu 2015 gering aus (0,3 Prozent), womit die riesenhaften Zuwächse seit den Krisenjahren 2008/2009 gestoppt sein dürften. Doch mit 17.539.052 Exemplaren ist eine absolute Rekordmarke gesetzt.
Boom der großen Kisten
Dass insbesondere der starke Dezember mit hohen Rabatten erkauft wurde, wird die Laune der Manager kaum trüben. Denn im Mittelpunkt des Marktgeschehens steht eine Gattung, die schon einmal totgesagt war: die nur dem Namen nach leichten light trucks vom Schlage eines Ford F-150, der einmal mehr auf dem Podest der bestverkauften nichtkommerziellen Pkw ganz oben steht.
Rekordhafte 60,7 Prozent am Gesamtverkauf betrug der Anteil jener Autos, deren Beliebtheit leicht erklärt ist: Sie sind schön groß für allerlei Zwecke, günstig für die Menge an Blech – und der Sprit ist (wieder) billig. Noch 2013 teilte sich der Anteil an light trucks und normalen Pkw zu jeweils gleichen Teilen.
Das Segment ist fest in der Hand von Detroit's Big Three – Ford, GM und Chrysler (nunmehr FCA). Dort bemüht man sich angesichts des Twitter-Störfeuers aus dem Trump-Tower derzeit besonders um good news für amerikanische Arbeitnehmer. Das fällt nicht allzu schwer: Es sind die mächtigen Pick-ups und SUVs, die Profite machen und Jobs im Land halten – erstmals über zehn Millionen wurden im Vorjahr verkauft. Dank eines längst etablierten Schutzzolls – die sogenannte Chicken Tax in Höhe von 25 Prozent – ist dieser Schlag Autos ohnehin nur verkäuflich, wenn im Land produziert. Wenn Ford, wie unlängst, Pläne für eine neue Fabrik im benachbarten Mexiko kappt: Dabei ging es um Kleinwagen, die sich derzeit sowieso schlecht verkaufen. Derlei lässt sich nachholen, wenn die Nachfrage steigen sollte und das Thema wieder aus dem Fokus (oder den Tweets) gerückt ist. An den absatzfördernden steuerlichen Privilegien für light trucks, eigentlich für Transportaufgaben ersonnen, wird gerade ein Trump nicht rütteln.
Ebenso wenig am asiatischen Anteil des US-Autobooms. Chinesische Anbieter gibt es nennenswert zwar keine in den Staaten, aber Toyota ist als Einzelmarke im Vorjahr zur landesweiten Nummer zwei aufgestiegen, vor Chevrolet und nur hinter Ford. Freuen darf sich Toyota auch, nachdem Tochter Lexus im Luxussegment BMW überholt hat und nun direkt hinter Marktführer Mercedes liegt (das starke US-Geschäft hat maßgeblich beigetragen, Mercedes zur aktuell weltweit größten Premiumautomarke zu machen).
Born in the USA
Kein Problem, denn die Japaner produzieren für den US-Markt nahezu ebenso in amerikanischen Fabriken wie GM oder Ford. Und sie dominieren das nach den light trucks im Vorjahr beliebteste Fahrzeugsegment in den Staaten, jenes der Crossover. Nach Honda, Toyota und Nissan findet sich dort erst mit Ford auf Platz vier ein US-Hersteller. Zu den Erfolgsstories auf Amerikas Straßen zählt auch eine südkoreanische: Kia und Hyundai, die beiden Marken des Hyundai-Konzerns, haben sich innert zweier Jahrzehnte unter den Top Ten des Landes etabliert. Kia bricht mit dem in Detroit gezeigten Stinger zu einer neuen Positionierung auf: Die sportliche Limousine kommt mit Premiumanspruch, Heckantrieb und viel Emotion im Styling.
VW indes muss sich nahezu neu erfinden. In Detroit erregt die Studie eines elektrischen Vans Aufsehen – jenen Buzz, diesmal positiv, kann die Marke gut gebrauchen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2017)